17.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Altmeister der aktuellen Kunst

MARTa zeigt Werke von Carla Accardi, Lucio Fontana und Erik Schmidt


»Carla Accardi trifft Lucio Fontana« heißt eine der Ausstellungen, die im MARTa Herford bis zum 11. März zu sehen sind. Damit würdigt das Museum zwei Altmeister der aktuellen Kunst, die in der italienischen Avantgarde nach dem Zweiten Weltkrieg bedeutende Positionen besetzt haben und international Anerkennung fanden.
Während Lucio Fontana das Material des Bildgrundes mit physischen Durchbrechungen bewusst macht und so die Grenze zwischen Malerei und Skulptur auflöst, scheint es bei Carla Accardi der Bildträger selbst zu sein, der aufgelöst wird, wodurch sie zu neuen Kunstkonzepten gelangt. Die Ausstellung konfrontiert zehn Werke Lucio Fontanas aus der Zeit zwischen 1949 und 1966 mit neun Arbeiten von Carla Accardi. Ihre gerade entstandene zwölf Meter lange Wandinstallation »Si dividono invano« (2006) wird erstmals öffentlich gezeigt.
Lucio Fontanas »Eingriffe« in die Oberflächen seiner Werke erschließen dem Be-trachter seit den späten 1940er Jahren neue Welten. Mit dem Durchlöchern, Durchbohren und Aufschlitzen des Bildträgers wird nicht nur dessen physische Materie, sondern auch dessen räumliche Wirkungsmöglichkeit wahrnehmbar. Die Grenzen zwischen Malerei und Skulptur werden mit dem Oeuvre Fontanas zunehmend durchlässig, sie öffnen den Blick buchstäblich nach Innen und nach Außen.
Das Werk von Carla Accardi ist bestimmt von einer lichten Transparenz und einer in alle Dimensionen hin spürbar werdenden Öffnung. Wer ihre Werke betrachtet, erfährt ein Gefühl von Leichtigkeit und Transparenz. Ihre pulsierenden Farbzeichen bilden auf vielfältige Weise eine sichtbar werdende Öffnung.
Carla Accardi entdeckte schon in den 60er-Jahren Sicolfoil, eine transparente Folie, als Malgrund. Ihre darauf gemalten bewegten Zeichen, Wellenlinien und andere sich selbst wiederholende Strukturen vermitteln intuitiv und sichtbar zwischen Innen und Außen. Es kommt zu einem oszillierenden Austausch zwischen Farbe und Malgrund.
Ebenfalls bis zum 11. März ist im MARTa Herford die Ausstellung »Erik Schmidt: Hunting Grounds« zu sehen. Erik Schmidt sorgte für Aufsehen, als er auf das historische Genre der Jagdmalerei zurückgriff und mit den beiden Werkzyklen »Der schönste Jäger von Deutschland« und »Hunting Grounds« dessen Möglichkeiten in der heutigen Zeit untersuchte. MARTa Herford richtet ihm nun die erste große Ausstellung in einem Museum aus.
Präsentiert wird eine Auswahl älterer Arbeiten bis zu den Malereien, Fotografien und Filmen, die im Zusammenhang mit den beiden jüngsten Werkreihen gezeigt werden. Mit der Werkgruppe »Hunting Grounds« wird in einer Fortsetzung der ersten Werke zum waidmännischen Thema »Der schönste Jäger von Deutschland« die in Adelskreisen kultivierte Jagd motivisch untersucht. Erik Schmidt baut dabei auf eigenen Erfahrungen auf, die sich aus zahlreichen Einladungen zu Jagdgesellschaften ergaben. Gestützt durch fotografische Dokumentation fand das Erlebte Eingang in großformatige Malerei, eine Fotoserie und in einen routiniert inszenierten Film, der von der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit und dem MARTa Herford mitfinanziert wurde.
»Hunting Grounds« zeigt alles andere als die repräsentative Jagdmotivik vergangener Zeiten. Es handelt sich - wie auch bei früheren Werken Erik Schmidts - um eine ganz eigene Auseinandersetzung mit der gegenwärtigen Gesellschaft, bei der er sich der Mittel der aktuellen Kunst bedient. Dem Betrachter fallen schnell die ungewöhnlichen Bildausschnitte und das Arrangement der Motive auf. Komposition und Bildraum sind bei Erik Schmidt derart eigenständig, dass nur die Vermeidung gängiger Bildauffassungen das durchgehende Element zu sein scheint. So entstehen Bilder, in denen ein Wettbewerb zwischen Motiv und Bildraum um die Aufmerksamkeit des Betrachters stattzufinden scheint.

Artikel vom 17.02.2007