03.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Scharfe Kritik an Nicolai-Plänen

Beirat für Stadtgestaltung und Architekten: Entwurf zerstört Stadtqualität

Bielefeld (WB/bp). Der Beirat für Stadtgestaltung lehnt den Entwurf für den gläsernen Aufzug und die Aussichtsplattform an der Altstädter Nicolaikirche (das WESTFALEN-BLATT berichtete) »wegen gravierender Mängel« ab. Der Bund Deutscher Architekten (BDA) sieht in dem Wunsch »nach einem neuen Angebot mit Event-Charakter« kein ausreichendes Argument für einen »so weitreichenden Eingriff in das in dieser Stelle intakte Stadtbild«.

Die Pläne der Kirchengemeinde sehen vor, einen transparenten Aufzugschacht bis in Höhe der heutigen Balustrade in etwa 35 Meter Höhe zu errichten. Dort soll dann eine ebenfalls »gläserne« Aussichtsplattform eingefügt werden, ohne die Bausubstanz zu verändern. Träger des Projektes soll der Förderverein Altstadt Nicolai sein, der sich verspricht, Dank der Einnahmen das Defizit im Gemeindehaushalt abzubauen. Pfarrer Armin Piepenbrink-Rademacher möchte mit dem Projekt die Präsenz der Kirche in der Stadt stärken.
Der Beirat für Stadtgestaltung betont, zu allen Zeiten habe es die Notwendigkeit gegeben, Kirchen zu erweitern und umzubauen. Dafür gebe es gelungene Beispiele. Der Umbau »des kulturellen Erbes unserer Vorfahren erfordert jedoch ein hohes Maß an Sensibilität und fachlichem Sachverstand«, so der stellvertretende Vorsitzende Kai Brüchner-Hüttemann. Die Altstädter Nicolaikirche stelle durch ihre klare und ruhige Symmetrie eine hohe architektonische und städtebauliche Qualität im Stadtbild dar. Der Beirat: »Der dargestellte Entwurf zerstört diese Qualitäten.«
Dem Beirat fehlt die Darstellung der städtebaulichen Einbindung des Entwurfes in sein Umfeld. Das abgerundete Sockelgeschoss klebe zu sehr an dem bestehenden Baukörper und sei in seiner Form deplatziert, das gelte auch für den Aufzugturm. Die formale Ausgestaltung der Aussichtskanzel auch in ihrer Fernwirkung sei nicht befriedigend. Das Gremium verschließt sich nicht dem Wunsch der Gemeinde nach einer besseren Zugänglichkeit des Kirchturmes als touristisches Ziel, empfiehlt aber, noch einmal kritisch zu prüfen, ob ein Aufzug innerhalb des Turmes möglich ist.
Für den BDA kritisiert Susanne Crayen, dass bislang nicht gezeigt werde, wie stark der neue Baukörper das Erscheinungsbild des Kirchengebäudes verändern werde: »Wenn wo etwas überhaupt in Bielefelds guter Stube an einem so wichtigen Wahrzeichen der Stadt gebaut werden muss, dann sollte es perfekt sein.« Das sei bei dem vorliegenden Entwurf aber nicht der Fall. Nur eine aufwändige, aber zurückhaltende Lösung könne dem bedeutenden Ort gerecht werden. Crayen: »Niemand wird eines Tages Geld in die Hand nehmen, um dieses Bauwerk abzubrechen, wenn die Sensation verblasst ist und die Rechnung nicht aufging. Dann droht Verwahrlosung und aus dem angeblich »progressiven Vorschlag wird endgültig ein Schandfleck.«
Die Bezirksvertretung Mitte hat die Pläne erstmals diskutiert. Politiker betonen, man habe zunächst ein erstes Meinungsbild einholen wollen. Gelte es, Baurecht zu schaffen, müssten die ausgearbeiteten Pläne erneut die politischen Gremien passieren.

Artikel vom 03.02.2007