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Gesundheitsreform gegen
scharfe Kritik durchgesetzt

43 Koalitionsabgeordnete stimmen gegen Regierungsvorhaben

Berlin (Reuters). Gegen großen Widerstand auch aus den eigenen Reihen hat die Regierungskoalition die umstrittene Gesundheitsreform durchgesetzt. Der Bundestag verabschiedete das Gesetz am Freitag mit 378 Ja- und 206 Nein-Stimmen bei acht Enthaltungen. Dabei stimmten auch 43 Abgeordnete von CDU/CSU und SPD gegen die Regierungslinie.
Mit 23 Nein-Stimmen stammten die meisten Abweichler in der Koalition aus der Union. Aus der CDU/CSU-Fraktion stimmten unter anderem die Abgeordneten Friedrich Merz, Reinhard Göhner aus Kirchlengern (Kreis Herford) und Philipp Mißfelder mit Nein. In der SPD gehörten Niels Annen, Karl Lauterbach, Andrea Nahles und Ottmar Schreiner zu den Abweichlern. Die Opposition stimmte geschlossen gegen das Gesetzespaket.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt zeigte sich nach Auszählung der Stimmen zufrieden. »Das ist ein gutes Ergebnis«, sagte sie. SPD-Fraktionschef Peter Struck sagte, die Gegenstimmen aus dem eigenen Lager seien in der Demokratie ein normaler Vorgang.
Wie Schmidt zeigte er sich überzeugt, dass die Reform in zwei Wochen auch die Mehrheit im Bundesrat finden wird und am 1. April in Kraft treten kann. Es gebe eine Vereinbarung zwischen Bundestag und Länderkammer, dass es kein Vermittlungsverfahren geben solle, verkündete Struck.
In der Debatte verteidigten Politiker von Union und SPD das Vorhaben gegen harsche Kritik der Opposition. »Wir bauen das Gesundheitswesen um, damit es auch in Zukunft gute Leistungen für alle Menschen zu bezahlbaren Preisen erbringen kann«, sagte Schmidt. Als sozialpolitischen Durchbruch bezeichnete sie die Einführung einer Versicherungspflicht für alle Bürger. Der neue Gesundheitsfonds werde das Geld der Versicherten bündeln und gerechter verteilen. Unter den Kassen werde ein Wettbewerb um die beste Qualität entstehen. Auch die Neuerungen bei der privaten Krankenversicherung führten zu mehr Solidarität.
Unions-Fraktionsvize Wolfgang Zöller sagte, Nutznießer der Reform seien die Versicherten. Der Leistungsumfang der Kassen werde durch die Reform nicht eingeschränkt, sondern ausgeweitet.
Die Opposition ließ kein gutes Haar an der Reform. FDP-Chef Guido Westerwelle warf der Koalition vor, nichts zur Kostensenkung zu unternehmen und stattdessen auf staatliche Bevormundung zu setzen. Zudem werde durch den Fonds die Planwirtschaft im Gesundheitswesen eingeführt. Grünen-Fraktionschefin Renate Künast hielt SPD und Union vor, sie seien vor den Lobbyisten eingeknickt. Statt bei den Ausgaben zu sparen, seien Beitragserhöhungen auf etwa 15,5 Prozent programmiert. »Sie fassen dem kleinen Mann in die Taschen, und der privaten Krankenversicherung verlängern Sie die Privilegien.«
Die Reform soll zum 1. April in Kraft treten. Zentrale Elemente wie der Gesundheitsfonds, der neue Finanzausgleich zwischen den Kassen und die Neuerungen bei der privaten Krankenversicherung werden aber erst 2009 wirksam. Spätestens von 2009 an müssen alle Bürger in einer Krankenkasse versichert sein. Seite 4: Kommentar

Artikel vom 03.02.2007