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»Wir sind ein Team«, ließ Bundestrainer Jürgen Klinsmann 2006 seine WM-Auswahl brüllen. »Der Star ist die Mannschaft«, sagte 1996 Vorgänger Berti Vogts nach dem EM-Triumph. Alles klar, alles richtig. Aber wenn Spieler aus dem Kicker-Kollektiv herausragen und im Mittelfeld führende Rollen übernehmen, hat das auch noch nie geschadet.

Bayern-Verlust

Sicher, die Zeiten der klassischen »Zehner«, die zwei, drei Helfer an ihrer Seite hatten, die sind vorbei. Wolfgang Overath und Günter Netzer, so hießen die letzten Dirigenten in der Bundesliga. Als das Spiel noch nicht so schnell war, als sie sich nach genialen Pässen auch mal ausruhen durften. Das geht nicht mehr. Die Führungs-Typen spielen längst anders. Dynamischer, kämpferischer, torgefährlicher.
So wie Michael Ballack in der Nationalmannschaft und zuletzt beim FC Bayern München. Dort hat er sich im Sommer 2006 in Richtung England verabschiedet. Und die Bayern-Bosse, sie waren sicher: Das ist kein großer Verlust, den können wir ersetzen.
Auch der inzwischen entlassene Trainer Felix Magath glaubte, dass seine Mannschaft ohne Ballack noch schwerer auszurechnen sei. Ganz schwer verrechnet, Herr Fußball-Lehrer. Die Lücke, die Ballack hinterließ, die haben sie bisher nicht füllen können.

Werder-Gewinn

Neidisch blickt der Titelverteidiger deshalb zur enteilten Konkurrenz. Denn die drei Vereine, die nach dem 19. Spieltag vor dem FC Bayern standen, die haben Spieler in ihrem Kader, die höhere Mittelfeldansprüche erfüllen können. Allen voran der Spitzenreiter. Die Verpflichtung des jungen Brasilianers Diego zeigte erneut, wie meisterlich die Personalpolitik bei Werder Bremen betrieben wird.
Manager Klaus Allofs holte - wieder einmal - den Richtigen und Wichtigen. Trainer Thomas Schaaf bedankte sich und machte den Techniker nach leichten Akklimatisierungsproblemen zur unersetzlichen Stütze. Denn Diego glänzt ja nicht nur als toller Tor-Vorbereiter, er hat auch schon acht Treffer auf dem eigenen Konto.
Der FC Schalke 04 präsentiert ebenfalls einen Regisseur. Lincoln, wie Diego Brasilianer, ist an seinen besten Tagen absolute Weltklasse. Nach langer Verletzungspause steht er jetzt wieder in der ersten Elf und will beweisen: Ohne mich lief es schon gut, mit mir wird es noch besser. Auch der VfB Stuttgart setzt auf einen Mittelfeld-Matador. Antonio da Silva gibt den Takt an. Und wo wurde der wohl geboren? Natürlich in Brasilien - wo sonst?

Wolfsburg-Wechsel

Diego, Lincoln, da Silva. Die Männer vom Zuckerhut, sie können den oft so bitteren Bundesliga-Alltag versüßen. Marcelinho vervollständigt dieses Quartett. Er war in seiner Berliner Zeit oft ganz allein das Eintrittsgeld wert. Jetzt ist der Ball-Tänzer wieder da. Doch welchen Spielplatz hat er sich da bloß ausgesucht? Was will ein Könner wie Marcelinho ausgerechnet in Wolfsburg?
Die Prognose ist nicht schwer: das kann nicht klappen. Der passt nie und nimmer in diese niedersächsische Provinzstadt, in der nur VW dafür sorgt, dass der Liga-Laden läuft. Wolfsburg, die neue Heimat des exzentrischen Brasilianers. Wie lange hält es Marcelinho da aus? Länger als Stefan Effenberg? Der packte nach ein paar Monaten wieder die Koffer.
Klaus Lükewille

Artikel vom 03.02.2007