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Gesundheitsreform vor dem Ziel

AOK-Bundesverband lenkt ein - Heute Abstimmung im Bundestag

Berlin (dpa). Vor der heutigen Bundestags-Abstimmung über die Gesundheitsreform hat der AOK-Bundesverband eingelenkt und will jetzt die Möglichkeiten der Reform nutzen. »Das Gesetz muss umgesetzt werden, dafür tragen wir nun eine Verantwortung«, sagte AOK-Vorstandschef Hans Jürgen Ahrens gestern.
AOK-Vorstandschef Hans Jürgen Ahrens: »In zwei Jahren kann viel passieren«.

Ahrens räumte ein, dass das Angebot unterschiedlicher Tarife »im Sinne der Versicherten« sei. »Das bisschen Wettbewerb, das im Gesetz geblieben ist, werden wir nutzen.« Er bezweifelte, dass der von den Krankenkassen ungeliebte Gesundheitsfonds 2009 tatsächlich eingeführt wird. »In zwei Jahren kann viel passieren.« Zudem rechnet Ahrens noch mit Änderungen am Gesetz, nachdem es in Kraft getreten ist, etwa bei den Zuzahlungsregeln.
Unterdessen räumte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Karl Diller (SPD), ein, dass dem Bund wegen der zusätzlichen Zuschüsse für die gesetzlichen Krankenkassen künftig wenig haushaltspolitischer Gestaltungsraum bleibt.
»Die Schwierigkeit ergibt sich in der mittelfristigen Finanzplanung, denn der Beschluss zur Steuerfinanzierung ist dort noch nicht abgebildet«, sagte er. Jeder Cent an Steuermehreinnahmen sei nun in erster Line für das Gesundheitswesen gebunden.
Den Gegnern der Gesundheitsreform in der SPD-Fraktion bleiben Disziplinarmaßnahmen voraussichtlich erspart. Auf eine Abberufung der Fachleute Karl Lauterbach und Wolfgang Wodarg aus dem Gesundheitsausschuss des Bundestags soll wahrscheinlich verzichtet werden, verlautete gestern aus der SPD-Fraktionsspitze.
Im Folgenden die zentralen Punkte der Reform, über die der Bundestag heute abstimmt:
l Von 2009 an zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einen Fonds ein. Den einheitlichen Beitragssatz legt der Bund fest. Hinzu kommen Steuergelder. Die Kassen erhalten für jeden Versicherten einen einheitlichen Betrag. Kassen mit vielen kranken Versichten bekommen zusätzlich Geld von anderen Kassen.
l Von 2009 an gilt eine Pflicht zur Versicherung: Die 200000 bis 300000 Nichtversicherten müssen Mitglied einer gesetzlichen oder privaten Krankenkasse werden.
l Von 2009 an müssen Privatkassen einen Basistarif anbieten. Der Zugang ist beschränkt. Ehemals Privatversicherte ohne Schutz muss die PKV bereits vom 1. Juli 2007 an aufnehmen.
l Wer Vorsorgeuntersuchungen versäumt und später schwer krank wird, muss mehr zuzahlen. Komplikationen etwa nach Piercings werden nicht mehr auf Kassenkosten behandelt.
Ausgeweitet werden dagegen Leistungen bei Impfungen, Eltern-Kind-Kuren, Reha-Behandlungen für alte Menschen und bei der Betreuung Schwerstkranker und Sterbender. Klinken werden für ambulante Behandlungen geöffnet.
l Der Rabatt, den Apotheker den Kassen pro Medikament gewähren müssen, steigt von 2,00 auf 2,30 Euro. Vor der Verordnung teurer Medikamente muss ein zweiter Arzt befragt werden.
l 2011 kommt eine neue Ärztevergütung mit festen Euro-Preisen. Ärzte in »unterversorgten« Gebieten bekommen schon vorher Zuschläge.
Noch zustimmen muss nach dem Bundestag der Bundesrat. Die Länderkammer entscheidet am 16. Februar.

Artikel vom 02.02.2007