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Im gläsernen Aufzug auf den Kirchturm

Nicolai-Pfarrer Piepenbrink-Rademacher sieht Zusage von Geldgeberin als »Geschenk Gottes«

Von Burgit Hörttrich
Bielefeld (WB). Ein gläserner Aufzug und eine gläserne Plattform sollen den Turm der Altstädter Nicolaikirche zum Aussichtspunkt machen. Pfarrer Armin Piepenbrink-Rademacher möchte unter Trägerschaft des Fördervereins seiner Gemeinde das Projekt, dessen Umsetzung etwa 500 000 Euro kostet, realisieren, um damit wieder »schwarze Zahlen« schreiben zu können.

Dass er zudem eine Geldgeberin gefunden hat, empfindet Piepenbrink-Rademacher als »Geschenk des Himmels«. Dorothea Winkler möchte etwas für Bielefeld tun, ist bereit, Aufzug und Plattform zu finanzieren. Sie hat es bereits möglich gemacht, dass das Stadttheater im Rahmen der Sanierung mit Eichenparkett an Stelle von Teppichboden ausgestattet werden konnte, stellte schon dafür 100 000 Euro zur Verfügung.
Obwohl es weder einen Bauantrag gebe, man sich noch in der Schlussphase der Planungen bewege und noch keine abschließenden Entscheidungen gefasst worden seien, ist Piepenbrink-Rademacher voller Zuversicht: »Ich habe viel Zustimmung erfahren.«
Als Architekten hat er Michael Clarfeld aus Verl gewonnen, dessen Entwurf er als »der Kirche dienend« beschreibt. Das ist geplant:
Vor der Turmwand zum Alten Markt hin soll ein abgerundeter Glasbau sowohl den Lift, der Platz für bis zu 14 Personen bietet, und eine Treppe aufnehmen, die aus Feuerschutzgründen erforderlich ist; diese Treppe mit 28 Stufen führt in das bereits vorhandene Turmtreppenhaus - etwa auf Höhe der Empore, da, wo die Treppe nach oben gut begehbar ist. Der untere Teil der Treppe ist eng und steil.
Der Aufzug trägt die Besucher mit einer Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde »sanft« in 35 Meter Höhe - dorthin, wo auch heute schon - etwa bei den »Nachtansichten« oder beim Leinewebermarkt - die Aussicht genossen werden kann. An Stelle der heutigen Balustrade können die Besucher das Bielefeld-Panorama aber von einer verglasten Aussichtsplattform, die in den vorhandenen Baukörper eingepasst wird, genießen.
Gedacht wird an ein Entgelt in Höhe von zwei Euro, Piepenbrink-Rademacher wünscht sich »mindestens 20 000 Besucher pro Jahr«. Dann nämlich könnte er das Defizit der Gemeinde ausgleichen, vermeiden, unter zunächst Haushaltssicherung arbeiten zu müssen oder jegliche Eigenständigkeit der Gemeinde an einen Bevollmächtigtenausschuss abgeben zu müssen. Wie Kasse und Aufsicht laufen, dazu gebe es noch keine konkreten Pläne: Ist Personal zu teuer, kämen auch ein Kartenautomat und Kameraüberwachung in Frage.
Der Aufzug ist nicht unmittelbar an die Turmwand heran gerückt, das gläserne Bauwerk solle nicht stören, aber dennoch »interessant und spektakulär« wirken. Piepenbrink-Rademacher: »Keine Effekthascherei, aber ein Alleinstellungsmerkmal nicht nur für unsere Kirche, sondern auch für Bielefeld.« Werde der gläserne Aufzug Wirklichkeit, sei das in seinen Augen auch eine Stärkung der Innenstadt, gleichzeitig würde er für die »Präsenz der Kirche in der Stadt« werben. Den Architektenentwurf hält er für »solide, technisch machbar, gebrauchssicher und schön«.
Die Auskragungen am Turm seien kaum zu sehen: »Der Charakter der Kirche bleibt erhalten.« Er wisse auch die Denkmalpfleger auf seiner Seite, so der Pfarrer: »Schließlich geht es in letzter Konsequenz um den Erhalt der Kirche - nicht um die Steine, aber um das Leben darin.«
Im Gespräch sei er zudem mit der Evangelischen Kirche von Westfalen und mit dem Kreissynodalvorstand. Der Synodalvorstand bestehe darauf, dass die Finanzierung nicht nur für den Bau, sondern auch für die Unterhaltung und den Betrieb von Aufzug und Plattform gesichert seien. Zudem müsse Geld da sein, um die gläserne Anlage komplett wieder abbauen zu können und die Kirche in ihren ursprünglichen Zustand zu versetzen. Die Lösung dafür sieht Piepenbrink-Rademacher in einer Bürgschaft.
Obwohl die Kirche Eigentum der Gemeinde ist, könne nicht sie, sondern müsse der Förderverein Altstadt Nicolai (FAN) als Träger auftreten. Der Förderverein habe rund 50 Mitglieder, durch Beiträge, Spenden und Aktionen im vergangenen Jahr 10 000 Euro zusammen getragen.
Pfarrer Piepenbrink-Rademacher ist überzeugt, mit der Aussichtsplattform »vorhandene Ressourcen optimal nutzen« zu können, um Geld für die Gemeinde einzunehmen: »Ein solcher gläserner Aufzug ist ein Fixpunkt, der die Menschen anzieht.«
Seiner festen Überzeugung nach müsse die Kirche von heute auch »ungewöhnliche Zugänge zum Evangelium« anbieten: »Das Turmpanorma kann ein solcher Zugang sein.«

Artikel vom 02.02.2007