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Lebensfreude oder Make-up?

Bunte Häuser in Bielefeld regen zu Kritik und Diskussionen an


Bielefeld (bp). Der Beirat für Stadtgestaltung steht der großflächigen, bunten Bemalung von Hausfassaden kritisch gegenüber. Man sehe dieses »Haus-Make-up«, dessen sich insbesondere der genossenschaftliche und gemeinnützige Wohnungsbau bediene, »mit Besorgnis«, meinte Beiratsvorsitzender Sigurd Prinz.
Farbe sei Bestandteil des täglichen Lebens, jeder treffe Farbentscheidungen zum Beispiel bei der Auswahl seiner Kleidung, der Zusammenstellung eines Blumenstraußes und der Wahl der Wohnzimmertapete. Bei Farbwahl und Gestaltung eines Hausanstrichs verlasse man jedoch den privaten Bereich und bewege sich im öffentlichen Raum. Damit werde eine Verantwortung für das Stadtbild übernommen, und die meisten Immobilienbesitzer seien sich dessen auch bewusst, findet der Beirat. Prinz: »Eine gute Wahl kann einen positiven Akzent in der Umgebung setzen, eine schlechte Wahl aber erzeugt Ablehnung, wird als Störung, in Grenzfällen sogar als optische Umweltverschmutzung empfunden.«
Einer der Auslöser der Kritik des Beirats sind Farbgestaltungen etwa von Neubaukomplexen im Jöllenbeck, an der Westerfeldstraße und im Schlachthofviertel (gemeinnützig bzw. von Wohnungsbaugesellschaften errichtet), aber auch private Fassadengestaltungen.
Norbert Müller, Geschäftsführer der BGW, deren Neubauten unter anderem die Kritik des Beirates hervorgerufen hat, steht zu dem Motto »Unsere Stadt soll bunter werden« und meint: »Farbe ist Lebensfreude.«
Er weist darauf hin, dass das Seniorenservice-Wohnen in Jöllenbeck Ergebnis eines vom Land ausgelobten Wettbewerbs sei und Vertreter der Architektenkammer NRW in der Jury gesessen hätten. Auf der anderen Seite freue er sich darüber, dass »endlich über Farbe gesprochen wird«, sagte Müller. Über Jahrzehnte seien Grau und Weiß die vorherrschenden Farben gewesen, und dazu habe sich der Beirat nie geäußert.
Auch für Jürgen Upmeyer, Geschäftsführer von Haus & Grund, ist Farbe ein Stimmungsaufheller. Er hält es für positiv, dass sich Hausbesitzer, wenn sie renovieren wollen oder müssen, sich auch mit der Fassadengestaltung beschäftigen. Upmeyer: »Der Fassadenanstrich sollte natürlich zum Gebäude und zur Umgebung passen - Beratung ist da wichtig.«
Der Beirat für Stadtgestaltung will nicht missverstanden werden: Er bekenne sich zu Farbe im Stadtbild. Es gebe Beispiele hervorragender Architektur, bei denen intensive Farbflächen als Gestaltungselemente eingesetzt wurden. Farbe sei dort nicht eingesetzt worden, um von schlechter Architektur abzulenken, sondern um die gute Gestaltung zu unterstützen. Prinz: »Vor Beginn der Planung sollte eine qualitätvolle Architektur angestrebt werden, die eines aufdringlichen Make-ups nicht bedarf.«
Die Maler- und Lackiererinnung hat im Rahmen der Aktion »Ab in die Mitte!« zu einem Fassadenwettbewerb aufgerufen (das WESTFALEN-BLATT berichtete).

Artikel vom 08.02.2007