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Knüppels Blick
in die Zukunft

Zehn Thesen zum Nachdenken

Von Jörg Manthey
Bielefeld (WB). Drei Monate vor dem Ende seiner neunjährigen Amtszeit als Fußball-Kreisvorsitzender betätigte sich Horst-Dieter Knüppel einmal mehr als Vordenker. Rund 40 Vereinsvertreter hörten aufmerksam zu, wie Knüppel »Entwicklungsprozesse im Sport« in zehn Thesen verpackte. Seine Botschaft: Die Zukunft hat längst begonnen, und »wir sind mitten drin in diesen Prozessen.«

Horst-Dieter Knüppel ist für den Landessportbund in der Vereinsberatung sehr rege und gehört auch der elfköpfigen Strukturkommission des Fußball- und Leichtathletikverbandes Westfalen (FLVW) an. Ob Zuschauerschwund, demografische Entwicklung, Migration, veränderte Schulsysteme, Einnahmen- und Kostenentwicklung, Gemeinnützigkeit von Vereinen, die galoppierende Bürokratisierung, die Bereitschaft zum Ehrenamt, Sport für Ältere, der boomende Gesundheitssport - eineinhalb Stunden lang regte der 66-Jährige nicht nur zum Nachdenken an (»Ihr werdet es damit in den nächsten Jahren verstärkt zu tun bekommen, ob Ihr es wollt oder nicht«), sondern zeigte zugleich allerlei Hilfestellungen auf und empfahl etwa den Besuch kostenfreier Seminare.
So lädt der Stadtsportbund am 22. Februar ab 18 Uhr in die Volksbank Schildesche ein. Thema: Sport im Ganztag. Referent: Horst-Dieter Knüppel.
Über die demografische Entwicklung sagte er: »Es werden weniger Kinder geboren. Das bedeutet irgendwann weniger Erwachsene und damit weniger potenzielle Ehrenamtskandidaten.« Der große Vorteil des Fußballs sei, dass er mit Abstand die Mannschaftssportart Nummer eins in Deutschland sei; auch bei Mitbürgern mit Migrationshintergrund. »Auf Kreisebene spielen inzwischen 60 Prozent, die einen ausländischen Namen haben.«
Zum Beispiel die Offene Ganztagsschule: »Schulsport geht vor Vereinssport. Viele Vereine haben so schon Hallenzeiten verloren. Die Entwicklung wird weitergehen, sich auf andere Schulsysteme ausweiten,« prophezeite Knüppel.
Angesichts sinkender Zuschüsse und steigender Kosten rückte er die Gemeinnützigkeit der Vereine in den Fokus der Zuhörer. »Das gibt es nur in Deutschland.« Bei einer Tagung der europäischen Sportakademie sei ans Licht gekommen, dass in der EU ernsthaft diskutiert werde, die Gemeinnützigkeit in Deutschland zu kippen. »Das wird irgendwann kommen,« regte er an, über Beitragserhöhungen nachzudenken.
Angesichts von 140 Altligamannschaften im Kreis, die im Winter in der Hallenrunde an den Ball treten, sei es überlegenswert, dieser Klientel auch im Sommer, etwa im Rahmen einer Hobby-Kleinfeldrunde, gerecht zu werden. Apropos: Die rund sechs Millionen nicht organisierten Kicker, bekannt als »Wilde Liga«, seien ein herzlich willkommes Reservoir. »In Bielefeld haben wir 48 solcher Teams. Schaffen wir es, sie auf unsere Seite zu ziehen, bedeutet das mehr Mitglieder und damit mehr Beiträge.«
Abschließend reparierte Horst-Dieter Knüppel die »Vision« von DFB-Boss Theo Zwanziger, der laut überlegt hatte, ab der Serie 2008 auf Kreisebene nur noch mit Neunerteams Fußball zu spielen. »Doktor Zwanziger wollte mit diesem provokanten Ausspruch auf die Problematik der demografischen Einwicklung hinweisen und die Vereine anstacheln, neue Mitglieder zu gewinnen.«
Zu guter Letzt wurde eine Projektgruppe ins Leben gerufen, die Maßnahmen entwickeln soll, dem Rückzug von Mannschaften effektiv entgegen zu wirken. Neben Vertretern aus dem Altkreis bringen sich hier Abdullah Yilmaz (SC Bosporus), »Berti« Vogt (Teutonia Altstadt) und Andreas Diekmann (SV Gadderbaum) ein.

Artikel vom 02.02.2007