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Basteln mit Geling-Garantie

Messe reagiert auf Herausforderungen des demografischen Wandels

Von Bernhard Hertlein
Nürnberg (WB). Da ist sie wieder, die Geling-Garantie von Dr. Oetker. Nur dient der altvertraute Spruch aktuell einem Spielwaren-Hersteller aus Bayern als Werbung für eine neue Serie von Bastelartikeln, die speziell für die »Frau ab 40« geschaffen worden ist.
Puzzeln in Postkartengröße bietet Ravensburger.

»Crea Donna« heißt sie und ist eine von den Neuheiten, mit denen die Industrie auf der heute beginnenden Nürnberger Spielwarenmesse auf die Herausforderungen des demografischen Wandels reagiert. Der wachsende Anteil der Älteren in der Bevölkerung gibt sogar den Herstellern von Videospielen zu denken. Mit seinem neuen Wii will Nintendo auch Senioren an die Konsole holen.
Anders als bei den Vorgängerversionen wird das Spiel auf dem Bildschirm nun nicht mehr mit Knöpfchendruck, sondern durch nachahmende Bewegungen mit der Hand gesteuert. »Das ist das erste Videospiel, von dem auch mein 66-jähriger Vater begeistert ist«, sagt Nintendo-Mitarbeiterin Monika Schneiders. Die vier Spiele, die gemeinsam mit der 249 Euro teuren Wii-Grundausstattung ausgeliefert werden, sind ebenfalls auf den besonderen Geschmack des Zielpublikums ausgerichtet: Tennis, Golf, Bowling und Baseball. Wii, von dem in vier Monaten weltweit sechs Millionen verkauft wurden, wird heute als eines von acht Spielzeugen mit dem »Toy Award« der Spielwarenmesse ausgezeichnet.
Möglicherweise eher in die Kategorie 70 plus oder 80 plus zielt die neue Ravensburger Reihe »Spiel und Vergnügen«. Zum Start kommen drei Brettspiele: ein Legespiel (»Verbindung gesucht«), ein Erinnerungsspiel (»Weißt du noch«) und eine Sammlung von Patiencen.
Ravensburger legte im vergangenen Jahr 6,6 Prozent, Schmidt-Spiele dank der ausgezeichneten Spiele »Thurn und Taxis« und »Nacht der Vampire« sogar 10 Prozent zu. Insgesamt behaupteten sich Brett- und Kartenspiele sowie Puzzles mit plus 3,8 Prozent klar besser als die gesamte Spielzeugbranche, deren Umsatz 2006 in Deutschland um 1,8 Prozent auf 2,26 Milliarden Euro zurückgegangen ist.
Dass die Industrie die Kleinen nicht vergisst, auch wenn ihr Anteil an der Bevölkerung sinkt, zeigt Sigikid. Unter dem Namen »iBedoo« entwickelte der Plüschhersteller eine neue Spielzeugfamilie einschließlich einer Spieluhr, die mit Hilfe eines MP3-Players mit immer neuen Gute-Nacht-Liedern gespeist werden kann.
Revell, Modellbauer aus dem ostwestfälischen Bünde, bleibt trotz Handball-WM dem Fußball verbunden. In diesem Jahr stoßen die »wilden Fußballkerle« (nach dem Buch von Joachim Masannek) in die Kick-o-Mania-Domäne von Oliver Kahn & Co. vor.
Unter den Brettspielen gibt es Senioren, die scheinbar die ewige Jugend gepachtet haben. »Monopoly« gehört dazu. Derzeit kämpfen, wie in dieser Zeitung schon berichtet, Deutschlands Städte im Internet um den Platz an der Schlossallee. In der Wertung für das gesamte Bundesgebiet führte gestern Saarbrücken vor Aachen. Bielefeld folgt auf Platz 9, Paderborn auf Rang 13.
Es gibt Menschen, die ärgern sich schwarz, wenn sie bei »Mensch ärgere dich nicht« rausgeworfen werden. Künftig können sie sich dadurch, dass sie den Würfel auf ihrer Nase jonglieren, ein Lied singen oder ähnlich witzige Aufgaben erledigen, im Spiel halten. Beobachter bezweifeln, ob sich diese Neuerung des 90 Jahre alten Klassikers durchsetzen wird.

Artikel vom 01.02.2007