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Missstimmung
bei Echterhölter

Mitarbeiter ohne Lohn freigestellt

Von Edgar Fels
Lage (WB). Fast einen Monat lang gearbeitet und am Ende kein Lohn - die 46 Beschäftigten des insolventen Kunststoffverarbeiters Echterhölter in Lage sind stinksauer. Am Montag hatte sie der Insolvenzverwalter »freigestellt« und noch am selben Tag einen Teil der Belegschaft über einen Personalverleiher wieder eingestellt.

»Es war sozusagen die Insolvenz in der Insolvenz«, umschrieb Insolvenzverwalter Joachim Walterscheid die Situation. Weil nichtmehr genug Geld, also Masse, vorhanden gewesen sei, habe er die Masseunzulänglichkeit anzeigen müssen. »Das ist gesetzlich so vorgeschrieben.« Er habe die Mitarbeiter davon unterrichtet und sie - wie es im Fachjargon heißt - freigestellt. »Nur so haben sie die Möglichkeit, zum Arbeitsamt zu gehen und Arbeitslosengeld zu beantragen«, betonte Walterscheid gestern gegenüber dieser Zeitung.
Bei den Beschäftigten stieß das Vorgehen jedoch auf Wut und Unverständnis. »Das kam zu diesem Zeitpunkt völlig überraschend«, schimpfte der zuständige Gewerkschaftssekretär der IG Metall, Werner Jost (57). Jost räumte gestern zwar ein, ein Antrag auf Masseunzulänglichkeit sei nicht ungewöhnlich, wenn der Insolvenzverwalter nicht mehr genügend Geld zur Verfügung hat. Es hätte für die Mitarbeiter auch keinen faden Beigeschmack gehabt, wenn man ihnen gesagt hätte, in Zukunft gibt es keine Arbeit und damit auch keinen Lohn mehr.
»In diesem Fall war es aber genau anders abgesprochen«, empört sich Jost. »Die Beschäftigten wurden Ende 2006 nochmals eindringlich aufgefordert, die Arbeiten sorgfältig und schnell zu erledigen, damit noch Masse erwirtschaftet werden kann.« Nun aber werde den Beschäftigten für ihre geleisteten Stunden im Januar der Lohn vorenthalten. »Eine solche Vorgehensweise ist für mich erstmalig von einem Insolvenzverwalter praktiziert worden«, sagte Jost. Schlimmer sei für ihn jedoch, dass der Insolvenzverwalter am Tage der Freistellung einen Personalverleiher in den Betrieb geholt habe, der einem dutzend Mitarbeitern für zwei Monate befristete Arbeitsverträge angeboten habe.
Insolvenzverwalter Joachim Walterscheid sagte dazu, es gebe in dem Betrieb noch ein paar Arbeiten wie etwa die Buchhaltung, die weitergeführt werden müssten. Wie hoch die Chance ist, dass die Mitarbeiter doch noch aus der Masse ihren Januarlohn erhalten, konnte Walterscheid nicht sagen.
Die 1921 gegründete Firma Echterhölter war einer der letzten deutschen Hersteller von Kämmen, Haarschmuck und Toilettenartikel. Nach der Insolvenz eines Großkunden und wegen des Kostendrucks durch Billiganbieter geriet Echterhölter in wirtschaftliche Not und musste 2006 Insolvenz anmelden.

Artikel vom 31.01.2007