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Frank Schäffler

»Die Kassen sollen einen politischen Preis zahlen, der wirtschaftlich nicht gerechtfertigt ist.«

Leitartikel
Bieten für Berlin

Werden die Sparkassen überfordert?


Von Reinhard Brockmann
Die Geschlossenheit ist dahin. Eigentlich wollten die 460 Sparkassen mit einem gemeinsamen Gebot in das Bieterverfahren um die Landesbank Berlin (LBB) gehen. Faule Kredite hatten die Mutter der Berliner Sparkassen in Bedrängnis gebracht, jetzt verlangt die EU ihren Verkauf.
Der daraufhin erfolgte Aufruf zum Zusammenstehen in der bundesdeutschen »Sparkassenfamilie« verhallt soeben. Nicht einmal bei den 76 Sparkassen in Westfalen-Lippe scheinen die Reihen geschlossen zu sein. Schon wird gefragt, was das für die Zukunft der einst fest verwurzelten Kommunal-Institute bedeutet.
Bundesweit scheren immer mehr Landesbanken aus dem öffentlich-rechtlichen Lager aus. Die Landesbank Baden Württemberg (LBBW) hat als erste den Sonderweg eingeschlagen, jetzt erwägt auch die BayernLB ein eigenes Gebot. Aus Hamburg und Kiel kommen ähnliche Signale.
Widerstände aus den Rathäusern von Düsseldorf und Hamm sowie von einer Reihe kleinerer, meist schwacher Sparkassen auf dem Lande haben zuletzt NRW-Finanzminister Helmut Linssen auf den Plan gerufen. Er forderte »seine« WestLB auf, ebenfalls bis zum 5. Februar ein Gebot zu prüfen - möglicherweise anstelle des zerbrechenden öffentlich-rechtlichen Lagers. Hintergrund: NRW ist mit den beiden Verbänden Westfalen-Lippe und Rheinland Eigentümer der WestLB.
Westfalens Chefbanker Rolf Gerlach hatte zuerst am Montag nach einer Sondersitzung in Münster von einem Angebot der West-LB gesprochen - auch dies ein möglicher Hinweis, dass wohl doch nicht alle mitziehen.
Im politischen Lager glaubt zumindest die FDP zu wissen, welche Sorge dahinter steckt: Die heimischen Sparkassen müssten einen politischen Preis zahlen, der wirtschaftlich nicht gerechtfertigt sei. Das fürchtet der Herforder Abgeordnete Frank Schäffler. Als zuständiges Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages gilt seine Sorge vor allem den kleinen Instituten vor Ort.
In der Tat könnten schwächere Sparkassen durch den Einstieg in Schwierigkeiten geraten, da sie die notwendigen Gelder - sagen wir zu sechs Prozent - fremdfinanzieren müssten, aber nur mit einer Verzinsung von vier Prozent rechnen dürfen. Klar, dass kaum ein Bürgermeister für das ferne Berlin draufzahlen möchte, wenn er sich zugleich weniger Ausschüttungen einhandelt.
Gegenwärtig laufen in allen Regionalverbänden der Sparkassen die Abstimmungen. Westfalen soll 400 Millionen aufbringen. Das Besondere: Jedes einzelne Institut muss seine Teilnahme am Bieterverfahren einstimmig beschließen. Kurz: kaum noch zu schaffen.
Bliebe der Preis für die ehemalige Bankgesellschaft Berlin. Nach dem aktuellem Börsenkurs ergibt sich für das 81-prozentige zum Verkauf stehende Aktienpaket ein Wert von sechs Milliarden Euro. Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband hat Mühe vier Milliarden Euro einzutreiben. Ein höherer Kaufpreis würde noch mehr Kredit und Abenteuer bedeuten.

Artikel vom 02.02.2007