01.02.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Hochwasser wie
nur alle zehn Jahre

»Kyrill« brachte mehr als 70 Liter Regen pro Quadratmeter

Von Dietmar Kemper
Bielefeld (WB). Mit dem Orkan »Kyrill« kam der Regen. Mehr als 70 Liter Niederschlag pro Quadratmeter haben Hydrologen in Teilen Ostwestfalen-Lippes gemessen. Dadurch schwollen die Flüsse Werre, Bega und Emmer zwischen dem 17. und 19. Januar ungewöhnlich stark an.

»Es war ein Hochwasser, wie es statistisch nur alle zehn Jahre auftritt«, sagte der Hydrologe Ulrich Büsing. Trotz der »markanten Überflutungen« sei die Größenordnung aber nicht beunruhigend gewesen: »Kritisch wird es erst bei 80, 90 Litern pro Quadratmeter.« Durch »Kyrill« entstand in Ostwestfalen-Lippe ein Schaden von etwa 2,5 Millionen Euro. Das Hochwasser spielte dabei keine wesentliche Rolle, denn die Emmertalsperre und das Rückhaltebecken der Bega verhinderten Schlimmeres. »Ohne dieses Rückhaltebecken hätte das Wasser auf der Bega etwa 20 Zentimeter höher gestanden, und Menschen in Bad Salzuflen hätten nasse Füße bekommen«, sagte Büsing.
In der Spitze flossen 43 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch den Fluss, der sich von Barntrup durch den Altkreis Lemgo schlängelt und in Bad Salzuflen in die Werre mündet. Ohne das Rückhaltebecken wären es 50 bis 60 Kubikmeter gewesen. Nachdem sich der Orkan »Kyrill« verzogen hat, fließen nur noch acht Kubikmeter Wasser in der Sekunde durch die Bega. Das ist immer noch doppelt so viel wie in normalen Zeiten.
Hydrologie heißt die Wissenschaft vom Wasser. Büsing und seine Kollegen bei der Bezirksregierung Detmold ermitteln die Niederschlagsmengen und beobachten, wie Regen abfließt. Zwischen dem 17. und 19. Januar »saß das Auge des Bösen« mit mehr als 70 Liter pro Quadratmeter »in der Gegend um Detmold«, fasste Büsing zusammen. In den Einzugsbereichen von Ems und Lippe fiel die Niederschlagsmenge von 30 bis 45 Liter pro Quadratmeter deutlich geringer aus. Während die Kreise Lippe, Höxter und Paderborn sowie die Stadt Bielefeld den meisten Regen abbekamen, wurde es in den Kreisen Gütersloh und Minden-Lübbecke nicht ganz so nass. In Steinheim (Kreis Höxter) beispielsweise prasselten 62 Liter auf den Quadratmeter nieder, in Rietberg (Kreis Gütersloh) 35.
Wegen des ohnehin feuchten Januars waren die Böden bereits gesättigt. Der neue Niederschlag konnte nur schwer versickern oder verdunsten und erhöhte so die Wassermenge der Flüsse. Beim letzten größeren Hochwasser im Juni 2003 seien 18 Prozent des Regens über die Bega abgeflossen, diesmal 33 Prozent, erläuterte Ulrich Büsing.
Das Staatliche Amt für Umwelt und Arbeitsschutz betreibt 107 Pegel an oberirdischen Gewässern, 2000 Grundwassermessstellen und 84 Niederschlagsstationen im Regierungsbezirk Detmold. Fünf Messteams zeichneten das Hochwasser im Gefolge von »Kyrill« in Abflussganglinien auf. Hydrologe Büsing: »Wir hatten dreieinhalb Jahre lang kein entscheidendes Hochwasserereignis im Regierungsbezirk mehr und waren schon ein bisschen entwöhnt.«

Artikel vom 01.02.2007