31.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein heikles Thema
altersgerecht angefasst

20 Jahre Sexualpädagogik beim Verein pro familia

Bielefeld (-er). Sexualität ist nach wie vor bei Jugendlichen ein heikles Thema. Und Sozialpädagogik ist deshalb heute noch wichtig. Vor 20 Jahren wurde dieser Arbeitsbereich beim Verein »pro familia« etabliert. Als erste Kommune landesweit finanzierte die Stadt Bielefeld einen - in zwei Stellen aufgeteilten - Arbeitsplatz.

Der Verein nahm den Geburtstag jetzt zum Anlass, im Historischen Saal der Ravensberger Spinnerei mit Weggefährten und Kooperationspartner zu feiern. Inge Thömmes, seit 20 Jahren als Sexualpädagogin im Einsatz, und ihr Kollege Reinhard Brand hielten Rückschau und gaben einen Ausblick. Dabei machten sie deutlich, dass Liebe und Freundschaft nach wie vor wichtige Aspekte bei den Schul-Seminaren sind. »In der Biologie sind sie recht fit. Aber wenn es um Gefühle geht, gibt es eine Fülle an unbeantworteten Fragen«, betonte Thömmes. Den Eltern werden diese nicht gestellt - die Jugendlichen informieren sich untereinander. Das Medium Internet hat nach Beobachtung von Inge Thömmes nur scheinbar das Wissen junger Menschen über Sexualität verbessert. Zusätzlich zu den Schülerprojekten bietet pro familia Pädagogen und Sozialarbeitern Fortbildung.
Als erfolgreicher Weg hat sich das Konzept entwickelt, Jugendliche als Peers für das Thema zu gewinnen. Ausgehend von der Tatsache, dass der Austausch unter Gleichaltrigen einen hohen Stellenwert hat, nehmen Schülerinnen und Schüler aus Haupt- und Gesamtschulen an einer Fortbildung teil. Sie werden zu gut informierten Ansprechpartnern für ihre Mitschüler geschult. In ihrer Peer-Funktion stehen sie im engem Kontakt mit den Sozialarbeitern der Schule.
Das Team Inge Thömmes/Reinhard Brand gibt es seit acht Jahren. Bei den Schul-Projekten treten sie stets zusammen auf. Mädchen sollen eine Frau als Gesprächspartner haben, Jungen einen Mann. Diese Konstellation, so bestätigen Lehrer immer wieder, hat sich als optimal erwiesen. Einen kleinen Einblick in die praktische Arbeit gaben die Schulsozialarbeiterinnen Ulla Kerkhoff, Anne Ahrens, Marianne Hoppe, Silvia Skorzenski und Isabel Kunert (in die Vorbereitung war auch Katharina Laumeier eingebunden). Ihre Geburtstagsgrüße hatten unterhaltsamen Sketch-Charakter.
Ein Arbeitsfeld, das auch die Fachleute von pro familia vor neue Aufgaben stellte, war die sexualpädagogische Arbeit mit Behinderten. Pastor Bernward Wolf, damals Leiter einer Einrichtung und heute Mitglied des Vorstands der von Bodelschwinghschen Anstalten, berichtete von der anfänglichen Scheu der Bethel-Mitarbeiter. »Wir mussten uns erst einmal selbst diesem Thema stellen, um etwas in Bewegung zu bringen.« Selbstbestimmung und Fürsorge in die richtige Balance zu bringen, sei auch nicht einfach gewesen.
Pastor Wolf war sich mit Sozialdezernent Tim Kähler einig: Der sexualpädagogische Arbeitsbereich bei pro familia hat viel geleistet in den beiden zurückliegenden Jahrzehnten. Und Landtagsabgeordnete Helga Gießelmann, als Sozialpolitikerin dem Verein seit Jahren verbunden, gratulierte zur Vorreiter- und Vorbildfunktion.

Artikel vom 31.01.2007