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Die Baustellen der Bayern

Viele Schwächen - aber Trainer Magath sieht keine Qualitäts-Probleme

Von Klaus Lükewille
München (WB). Das Fußball-Fachblatt »kicker« fragt schon: Bye, Bye, Bayern? So verspottete Trainer Klaus Toppmöller die Münchner vor 14 Jahren, als er damals mit der Frankfurter Eintracht den Favoriten 2:0 geschlagen hatte.

Bye, Bye, Bayern? Nein, soweit ist es Ende Januar 2007 noch nicht. Ironisch formulierte Abschiedsadressen kämen da vielleicht zu früh, obwohl es für den Titelverteidiger schon bald zu spät sein könnte. Trainer Felix Magath weiß: »Wenn wir uns in den nächsten Spielen weitere Ausrutscher leisten, ist der Zug abgefahren.« Heute in der Allianz-Arena gegen den VfL Bochum, am Freitag beim 1. FC Nürnberg: Da sind sechs Punkte Pflicht, sonst dürfte das Rennen um die Schale ohne den Rekordmeister weiter gehen.
Beim Rückrundenauftakt legte der FC Bayern in Dortmund eine unterirdische zweite Halbzeit hin, verspielte die 2:1-Führung. Noch ein Zitat aus dem »kicker«, weil's genau zu dieser Darbietung passt: »Die Münchner rutschten auf ihrer eigenen Pomade aus.«
Arrogant, lässig, ja fahrlässig verschenkten sie den »Dreier«. Dabei hatte Trainer Magath seine Mannschaft vorher noch so gelobt: »Alle haben prima mitgezogen.« Das war nach den Vorbereitungs-Tagen von Dubai. Nach den 90 Minuten von Dortmund hätte er die meisten seiner Spieler am liebsten in die Wüste geschickt.
Geht aber nicht. Der FC Bayern verzichtete auf Winter-Nachkäufe. Also muss Magath mit dem Kader auskommen, der ihm zur Verfügung steht. Und deshalb stellte er sich inzwischen auch schon wieder vor seine Spieler: »Wir haben kein Qualitäts-Problem.«
Doch, doch, denn die großen Bayern, sie sind nicht so erstklassig besetzt, wie Magath glaubt. Schwächen waren in Dortmund unübersehbar. Ein Sebastian Deisler hätte da vielleicht helfen können, aber der spielt nicht mehr mit. Hasan Salihamdizic geht, Owen Hargreaves will gehen, Mehmet Scholl hört im Mai auf. Nicht leicht, diese Auslaufmodelle noch hundertprozentig zu motivieren und zu integrieren. Dazu gibt es in allen Team-Teilen »Baustellen«.
Die Abwehr: Lucio und Sagnol haben ihre besten Tage hinter sich. Daniel van Buyten wird überschätzt, Philipp Lahm ist immer noch schwer WM-geschädigt.
Das Mittelfeld: Wie offensichtlich auch Bastian Schweinsteiger, den die Regierolle bisher überforderte. Mark van Bommel kann zwar, wie Martin Demichelis, auf- und abräumen, den Antreiber haben aber beide nicht drauf. Dazu kommen der Abwanderer Salihamdizic, der lange verletzte Hargreaves, der lieber heute als morgen in England auflaufen würde, und Ali Karimi, der ohnehin nur noch auf Bewährung spielt.
Der Angriff: Roy Makaay und Claudio Pizarro sind gesetzt, aber in ihren Leistungen sehr schwankend. Roque Santa Cruz gilt in seinem achten Bayern-Jahr immer noch als »Talent«. Auch Lukas Podolski, der »Neue« aus Köln, er muss schnellstens besser werden, denn die Bayern stehen gewaltig unter Erfolgsdruck. Die Geduld der Verantwortlichen hat bald ein Ende - und Ausreden zählen ebenfalls nicht mehr.
Karl-Heinz Rummenigge, der Vorstands-Vorsitzende, er sagte vor dem Spiel gegen Bochum, was er ab sofort von seinen bestens bezahlten Starserwartet: »Wir brauchen eine Mannschaft, die kratzt, beißt und fightet.«

Artikel vom 30.01.2007