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Gepfuscht: »Dach-Haie«
betrügen Orkan-Opfer

Kripo Lübbecke ermittelt gegen Mann aus Osnabrück

Von Christian Althoff
Pr. Oldendorf (WB). Teurer Pfusch: Nach dem Orkan »Kyrill« sind jetzt »Dach-Haie« in Ostwestfalen unterwegs - unseriöse Firmen, die für viel Geld schlechte Arbeit abliefern. Wie in Preußisch Oldendorf (Kreis Minden-Lübbecke), wo sie Rentnerin Gertrud L. (88) betrogen.
Gertrud L. ließ die Arbeiter arglos in ihr Haus.

Die 88-jährige gehbehinderte Frau lebt mit ihrem Sohn Jens-Peter in einem Einfamilienhaus. »Der Orkan hatte an zwei Stellen Löcher in unser Dach gefegt und zahlreiche Pfannen beschädigt«, erzählt Jens-Peter L., der als Informatiker am Ev. Krankenhaus Bielefeld arbeitet. Er beauftragte den örtlichen Dachdeckermeister Jörg Windten, dessen Mitarbeiter schon am nächsten Tag die größten Löcher verschlossen.
»Die Restarbeiten wollte der Betrieb bei besserem Wetter erledigen«, sagt der Informatiker. Vergangenen Donnerstag standen dann unangemeldet zwei Handwerker vor der Tür und erklärten, sie kämen wegen des Daches. »Ich habe gefragt, ob sie von der Firma Windten kommen, und die haben das bejaht«, erinnert sich Gertrud L. Drei Stunden werkelten die Unbekannten außen und auf dem Dachboden vor sich hin, ohne dass die 88-Jährige die Arbeiter kontrollieren konnte: »Ich kann doch keine Treppen steigen!« Dann präsentierten die Männer der hochbetagten Frau die Rechnung: 898,50 Euro, zahlbar sofort.
»Ich sagte, mein Sohn werde das regeln und vertröstete die Männer auf abends.« Doch auch Jens-Peter L. hatte nicht so viel Geld bei sich. »Ich habe dem Chef 150 Euro gegeben und ihm für den nächsten Tag den Rest versprochen.« Zwar sei es ihm komisch vorgekommen, dass die Dachdecker auf Barzahlung bestanden hätten: »Aber die haben mir noch einmal versichert, dass sie für unseren örtlichen Dachdecker arbeiten und Barzahlung bei Schnellreparaturen üblich sei.«
Jens-Peter L. fragte allerdings am nächsten Morgen bei Dachdeckermeister Windten nach und erfuhr, dass der die Männer nicht geschickt hatte. Der Fachmann sah sich die Arbeit an und sprach anschließend von Pfusch: »Die hatten gerissene Pfannen nicht ausgetauscht, sondern mit Klebeschaum geflickt, und trotz des Frostes Pfannen in Mörtel verlegt.« Ein seriöser Betrieb hätte für eine fachgerechte Beseitigung der Schäden höchstens 300 Euro verlangt, sagt Jörg Windten.
Jens-Peter L. erstattete Betrugsanzeige bei der Kripo in Lübbecke. Als der Dachdecker Freitagabend erschien, um die restlichen 650 Euro zu kassieren, warteten schon zwei Streifenbeamte auf ihn. »Der Mann kam aus Osnabrück und ist möglicherweise für weitere Fälle verantwortlich«, sagte gestern Polizeisprecher Ralf Steinmeyer.
Matthias Müller, Obermeister der Dachdeckerinnung aus Porta Westfalica, warnt: »Solche Dach-Haie sind derzeit in vielen Städten unterwegs und geben vor, von örtlichen Unternehmen zu kommen.« Sie suchten vor allem ältere Häuser auf, in denen sie betagte Bewohner vermuteten.

Artikel vom 30.01.2007