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»Die Antholz-Anlage liegt mir«

Biathlon-WM: Michael Greis jagt den Favoriten Ole Einar Björndalen

Erfurt (dpa). Alle jagen Ole - so könnte der Drehbuch-Titel für die Herren-Entscheidungen bei den Biathlon-Weltmeisterschaften vom 2. bis 11. Februar in Antholz lauten. »Wenn Ole im Schießen durch kommt, kann ihn derzeit keiner schlagen«, erkannte Michael Greis die Überlegenheit des Norwegers in diesem Winter an.

Bei neun Starts gewann »König Ole« sieben Mal. Greis, der dreifache Goldgewinner von Turin, will sein Eingeständnis aber nicht als Aufgeben verstanden wissen. »Wenn er Schwächen zeigt, werden wir da sein«, schob der Allgäuer die Kampfansage hinterher.
Das war schon beim letzten Weltcup am dritten Januar-Wochenende in Pokljuka so, als sich der Nesselwanger Greis das Gelbe Trikot des Gesamt-Spitzenreiters von Björndalen zurück holte. Der Norweger verzichtete auf Starts, trainierte lieber auf dem 1636 Meter hoch gelegenen Kreuzbergpass bei Sexten. Schließlich will er in diesem Winter Historisches schaffen und als Erster in einer Saison Weltmeister sowohl im Biathlon als auch im Skilanglauf werden. Dann wäre der norwegische Ski-Volksheld für seine Landsleute endgültig unsterblich.
Abzuwarten bleibt, wie ihm die Höhen-Vorbereitung gelingt. Vor Jahresfrist bereitete sich Björndalen im 1600 Meter hoch gelegenen Antholz auf die Olympia-Wettkämpfe in gleicher Höhe in San Sicario vor. Mit zwei Mal Silber (Einzel und Verfolgung) sowie dem dritten Platz beim Massenstart blieben die hochgesteckten Erwartungen des viermaligen Olympiasiegers von Salt Lake City unerfüllt. In diesem Jahr wählte er eine ähnliche Vorbereitung, obwohl er wegen Anpassungsproblemen nach dem Höhentraining vor der Jahreswende beim Oberhofer Weltcup in ein Leistungsloch gefallen war. Die deutschen Männer dagegen schlugen ihr WM-Lager wie vor Olympia, wo sie vier Mal Gold gewannen, im nur 1342 Meter hohen Ridnaun auf.
Mit Spekulationen will sich Greis nicht belasten. Vielmehr hat der 30 Jahre alte Bundeswehr-Sportsoldat die vergangenen Tage genutzt, um Kraft und Ruhe zu tanken, nachdem er zwischen den Weltcups von Oberhof und Ruhpolding zuerst an leichtem Fieber, dann an einem Magen-Darm-Infekt laborierte. »Ich bin wieder fit, die Antholzer Strecken liegen mir«, betonte der Allgäuer. In Ridnaun habe er an Feinheiten gearbeitet, die der Perfektionist nicht näher erläutern wollte.
Bei der WM in Südtirol hofft Greis auf Starts in allen sechs Entscheidungen - und auf eine Form, die ihm Duelle mit Björndalen auf Augenhöhe ermöglicht. »Bis zu den Erkrankungen ist der Winter optimal gelaufen, besser als im Vorjahr. Ich musste nicht auf große Schnitzer von Ole hoffen, um konkurrenzfähig zu sein.«
Das Erreichen seiner beiden Hauptziele - Gewinn des Gesamtweltcups und der ersten WM- Einzelmedaille - sei möglich. »Sollte sich aber während der harten WM-Tage mit sechs Rennen das Gefühl einstellen, ein Start bringe nichts, dann verzichte ich. Denn ein hoch motivierter Athlet ist besser, als wenn ein träger antritt«, kündigte er kein stures Festhalten an seinen Vorhaben an.

Artikel vom 31.01.2007