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Damit die Opfer nicht
mehr länger schweigen

Bethel-Fachtagung »Gewalterfahrung im Zusammenhang mit Sucht«

Gadderbaum (hz). Die Zahlen, die Gabi Gottbrath, Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Suchtkrankenhilfe Bielefeld, vorträgt, sind niederschmetternd. Jede 3. Frau hat körperliche Übergriffe seit dem 16. Lebensjahr erlebt, zwei Drittel dieser Betroffenen sind sogar Opfer mittlerer bis schwerer Gewalttaten geworden.
Über das, was ihnen von zumeist unter Drogeneinfluss stehenden männlichen Tätern widerfahren ist, wollen viele Frauen nicht reden. Und von 90 Prozent der Straftaten schwerer häuslicher Gewalt erfährt die Polizei überhaupt nichts.
»Diese schweren Taten werden nicht angezeigt. Die meisten weiblichen Gewaltopfer schweigen«, berichtet Gabi Gottbrath. Damit, wie sie es formuliert, »im 1. Schritt das Schweigen der Opfer gebrochen wird«, fand am vergangenen Wochenende eine Fachtagung zum Thema »Gewalterfahrung im Zusammenhang mit Sucht« im Betheler Hotel Lindenhof statt. 65 Teilnehmer der Arbeitsgemeinschaft Suchtkrankhilfe waren gekommen, um sich von tief im Thema stehenden Referenten wie Erster Kriminalhauptkommissarin Heike Lütgert (Polizeipräsidium Bielefeld), Thomas Niekamp (Sozialdezernat der Stadt/Sozial- und Kriminalpräventiver Rat) oder Sandra Glammeier (Uni Bielefeld) informieren zu lassen.
Weitere Information, erklärt Dr. Martin Reker, Leitender Arzt der Suchtabteilung der psychiatrischen Klinik Bethel, tut bitter not. Selbst im Strafrecht, sagt der bei der Bielefelder Justiz anerkannte Gutachter, werde der Zusammenhang von Drogen und Straftaten viel zu unzureichend berücksichtigt. Reker: »Und das, obwohl im Durchschnitt jeder 3. Täter seine Straftat unter dem Einfluss von Suchtmitteln begangen hat.«
Im Hotel Lindenhof traf sich jetzt so ziemlich alles, was in Bielefeld und der Region mit dem Thema Sucht zu tun hat. Schließlich ist die Arbeitsgemeinschaft Suchtkrankenhilfe ein Zusammenschluss von Selbsthilfegruppen, Beratungs- und Behandlungsstellen, Kliniken und anderen Personen wie beispielsweise Bewährungshelfern, die in der Suchtkrankenhilfe tätig sind.
Obwohl Bielefeld, wie Daniel Müller, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft, betont, bei der Suchtkrankenhilfe bundesweit eine Vorreiterrolle übernimmt, gibt es noch viel zu tun. So soll das Thema »Sucht und Migration« stärker berücksichtigt werden.

Artikel vom 30.01.2007