29.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 


»Ein großer Tag
für die
Bundeshauptstadt und die gesamte Kulturnation.«

Leitartikel
Die gute Nachricht

Endlich: das Berliner Stadtschloss


Von Reinhard Brockmann
Das ist die Meldung, auf die die Freunde und Förderer der Idee vom Wiederaufbau des Berliner Stadtschlosses seit 15 Jahren gewartet haben. Bundesbauminister Wolfgang Tiefensee will den 1950 gesprengten Sitz der Hohenzollern in der alten Kubatur (baulich eins zu eins) und Fassade wieder ins Stadtbild von Berlin zurückholen. Selbst Finanzminister Peer Steinbrück ist dafür und die Regierung nennt Summen sowie Fristen: In drei Jahren soll Baubeginn sein, 480 Millionen Euro stehen zur Verfügung! Ein großer Tag für die Bundeshauptstadt und unsere Kulturnation.
Wilhelm von Boddien, der unermüdliche Förderer der Stadtschlossidee, hat es vorausgesagt und 1994 mit seiner Fassaden-Illusion vor Augen geführt. Mitten im Herzen der Stadt klafft eine schmerzende bauliche Lücke, die am oberen Ende der »Linden« nicht anders zu füllen ist, als mit dem Rückgriff auf die geniale Architektur Andreas Schlüters.
Lange haben DDR-Nostalgiker, die einzig tatsächlichen Reaktionäre hierzulande, am Palast der Republik geklammert. Endlich hat sich die Bundesregierung davon freigemacht. Das Nutzungsmodell für ein »Humboldt-Forum« nimmt Rücksicht auf die Geschichte aller Deutschen.
Niemand will Soldatenkönige und alte Kaiser wieder haben, aber auch nicht die Volkskammer Erich Honeckers. Dass ausgerechnet deren Sitzungssaal nun als Bestandteil des Raumkonzepts dabei ist, sei lässlich und um des lieben Friedens willen akzeptiert. Aufgeklärte Demokratien müssen zusätzliche Diskussionsplätze nicht fürchten.
Jetzt wird also ein »Schaufenster der Weltkulturen« entstehen. Bundestag und Architekten werden gehört, die Frage nach der Rekonstruktion der Kuppel über dem Prachtportal Johann Eosanders von Göthe zum Spielball künftiger Debatten erklärt. Sei's drum: Ohne Kuppel kein Stadtschloss, so einfach ist das. Allein wichtig ist, dass es endlich losgeht.
Die Absicht, die Ostfassade im Stil des DDR-Republikpalastes zu gestalten, ist architektur-politisch akzeptabel. Das alte Schloss zeigte zur Spree ein verbautes Bild und die Berücksichtigung des ostdeutschen Sonderwegs zur letztlich doch vereinten Nation ist ohne Frage eine Geste.
Die größte Herausforderung kommt auf den Förderverein Berliner Stadtschloss zu. Mit 80 Millionen Euro will er die Original-Fassade finanzieren. 13,6 Millionen wurden inzwischen akquiriert. Längst sind Steinmetze in ganz Deutschland an der Arbeit. Nach der Fertigstellung der Dresdner Frauenkirche und mit dem jetzigen Signal der Bundesregierung wird das hehre Ziel wieder erreichbar.
Bitter ist nur, dass in langen Jahren des Zuwartens und irrwitziger Palaver um den asbestverseuchten Palast der Republik wertvolle Zeit vergeudet wurde. Mancher generöse Freund der großartigen Idee wird die Vollendung nicht mehr erleben.

Artikel vom 29.01.2007