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»An der Beinpresse bin ich die Beste«

Frieda Dellnitz feiert ihren 90. Geburtstag - Training im Fitness-Studio

Von Markus Poch (Text und Foto)
Senne (WB). Ein Oberschenkelhalsbruch im Alter von 84 Jahren: Viele Senioren kommen nach einer solchen Operation nie mehr richtig auf die Beine. Bei Frieda Dellnitz war alles anders: Die gelernte Näherin aus Senne zeigte ungeheure Willenskraft. Über gezieltes Muskeltraining im Fitness-Studio baute sie ihren geschwächten Körper wieder auf. An diesem Sonntag wird sie 90 Jahre alt - und ist kräftiger und gelenkiger als andere mit 50.

»Diese Frau ist ein Phänomen«, findet auch Diplom-Sportlehrer Ralf Neuhaus. Er arbeitet für die Krankenkasse AOK, leitet spezielle, von Ärzten empfohlene Gesundheits-Programme im Brackweder Fitness-Studio »Body-Talk« am Stadtring. Hier trainiert Frieda Dellnitz seit der überstandenen Operation einmal pro Woche für 90 Minuten an den Muskelmaschinen. Sie ist mit Abstand die Älteste - das Durchschnittsalter der Kursteilnehmer liegt bei 45 Jahren. Und trotzdem lässt sie sich nicht unterkriegen, hat keinerlei Berührungsängste, fehlt niemals und arbeitet kontinuierlich. Zu Hause macht sie außerdem jeden Tag 30 Minuten Gymnastik.
Ralf Neuhaus ist ihr Trainer und Ansprechpartner in sämtlichen Gesundheitsfragen. Er leitet die alte Dame an in Ausdauer, Dehnungsübungen, Atemtechnik, Kraftaufbau und Entspannungsphasen. »Sie hat eine sehr lobenswerte Einstellung«, sagt der 46-Jährige. »Im Gegensatz zu vielen Menschen in ihrem Alter, die dazu neigen, nur noch zu jammern und in der Ecke zu sitzen, will sie immer aktiv und in Bewegung sein. Das tut ihrem Körper - wie man sehen kann - sehr gut. Und geistig ist sie auch voll auf der Höhe.«
Wer die nun 90-Jährige auf der Straße trifft, wird trotzdem nicht glauben wollen, dass sie zentnerschwere Gewichte stemmen kann. Bei 1,62 Metern und 55 Kilogramm ist sie eher ein zartes Persönchen. »Aber an der Beinpresse bin ich die Beste!«, berichtet sie selbstbewusst. An dem Gerät zur Stärkung der Beinmuskulatur trainiert sie üblicherweise mit 90 Kilogramm. Wenn es sein muss, drückt sie auch die 100 - und hat damit schon Wetten gegen andere Kursteilnehmer gewonnen.
Zwar pausierte Frieda Dellnitz in den zurückliegenden Wintermonaten, doch für den nächsten Kursus, der im Februar startet, ist sie bereits angemeldet. Die Strecke bis ins Studio, knapp drei Kilometer bergauf, fährt sie übrigens jedes Mal tapfer mit dem Fahrrad: »Dann habe ich bei der Ankunft gleich die richtige Betriebstemperatur. . .«
Wenn die in Brackwede geborene Seniorin mal nicht auf Achse ist, kümmert sie sich nach wie vor selbstständig um alle Haus- und Gartenarbeiten, strapaziert die alte Adler-Nähmaschine (noch mit Fußantrieb) oder geht Gassi mit Familien-Schäferhund Bruno. »Früher«, sagt sie, »habe ich nie Sport getrieben. Dazu hatte ich gar keine Zeit. Ich musste ja viel arbeiten, um den Jungen durchzubringen.«
»Der Junge«, der ohne seinen 1943 im Krieg gefallenen Vater aufwachsen musste, ist heute 63 Jahre alt. Gustav Dellnitz und seine Frau Rosita (55) sind stolz auf die Kraft und die Lebensfreude der Mutter, die mit ihnen unter einem Dach wohnt. Gratulieren werden auf jeden Fall auch die beiden Enkel Stefan (42) und Michael (43).

Artikel vom 27.01.2007