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Die Zwischenzeugnisse bescherten Anwalt Sebastian Karl Müller gleich mehrere Klienten.Foto: Schläger

Schulwahl wird zum Fall
für Juristen

Eltern wehren sich gegen Empfehlung

Von Michael Schläger
Bielefeld (WB). Welche weiterführende Schule ein Kind besuchen soll, könnte in diesem Jahr nicht nur von Pädagogen und Eltern, sondern auch von Juristen entschieden werden. »Bei uns liegt schon eine Handvoll Beschwerden vor«, sagt Rechtsanwalt Sebastian Karl Müller.

Mit dem Zwischenzeugnis haben die mehr als 3000 Viertklässler in Bielefeld in der vergangenen Woche erstmals eine »verbindliche Schulwahlempfehlung« erhalten. Die schreibt das neue Schulgesetz vor. An die Empfehlung müssen sich die Eltern halten, wenn sie ihr Kind an einer weiterführenden Schule anmelden wollen. Sind sie anderer Meinung, muss ihr Kind im April an einem »Prognoseunterricht« teilnehmen. Ein Vertreter der Schulaufsicht, ein Grundschul- und ein Lehrer der gewünschten Schulform testen die Kinder. Wenn die Pädagogen einhellig die Empfehlung bestätigen, ist sie bindend.
»Gegen den entsprechenden Bescheid können aber Rechtsmittel eingelegt werden«, sagt der auf Schul- und Hochschulrecht spezialisierte Anwalt aus der Kanzlei Dr. Müller & Kollegen. Einige Eltern haben schon jetzt bei ihm juristischen Rat eingeholt
So beschäftigt sich Müller mit einem Fall, in dem den Eltern beim vorausgegangenen Sprechtag mündlich auch die Realschule für ihr Kind in Aussicht gestellt wurde. »Im Zwischenzeugnis gab es aber ausschließlich die Hauptschul-Empfehlung.« Müller verweist darauf, dass diese Empfehlung auch nach der Zeugnisausgabe noch korrigiert werden könne. »So wäre ein Rechtsstreit vermeidbar.«
Schulamtsdirektorin Jutta Schattmann vom Schulamt für die Stadt Bielefeld hofft, dass es am Ende möglichst wenige Streitfälle gibt. Gemeinsam mit ihren Kollegen hat sie die 47 Grundschulen der Stadt vor den Zwischenzeugnissen beraten, wie mit der neuen verbindlichen Empfehlung umzugehen ist. »Das Wohl des Kindes muss im Mittelpunkt stehen.«
Konfliktmindernd ist manchmal auch die »eingeschränkte Empfehlung« auf dem Zeugnis. Mit ihr können Eltern ihre Kinder auch an der nächst höheren Schulform anmelden, müssen aber ein Beratungsgespräch akzeptieren.
Einig sind sich die Schulamtsdirektorin und der Rechtsanwalt. dass die Lehrer im Verlauf der Grundschulzeit die Kinder so gut kennengelernt haben müssten, dass sie ihre Leistungen richtig einschätzen. »Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass auch ungerechtfertigte Empfehlungen ausgesprochen werden«, hat der Jurist erfahren müssen.
In wie vielen Fällen es zum Probeunterricht kommen wird, entscheidet sich nach der Anmeldung für die weiterführenden Schulen. Die ist in Bielefeld vom 7. bis 9. Februar.

Artikel vom 27.01.2007