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Platinis Versprechen:
Einheit statt Spaltung

Neuer UEFA-Boss - Beckenbauer in der Weltregierung

Düsseldorf (dpa). Michel Platini hat im Stile eines großen Spielmachers den Präsidententhron der UEFA erobert, doch nach einem der brisantesten Wahlkämpfe steht er an der Spitze eines in sich zerrissenen Verbandes. Tränen beim unterlegenen Lennart Johansson.
»Wir bleiben eins. Wir sind zusammen wie bisher«, rief er den Delegierten unmittelbar nach seinem Wahlerfolg gegen Amtsinhaber Lennart Johansson zu. Während Franz Beckenbauer per Akklamation und Applaus von allen 52 Delegierten in die Exekutive des Weltverbandes FIFA entsendet wurde, bekam der 51-jährige Franzose nach seinem Duell mit Johansson beim Kongress der Europäischen Fußball-Union (UEFA) in Düsseldorf mit 27 Stimmen nur eine knappe Mehrheit. Gleich zu Beginn der Amtszeit des früheren Weltstars als siebter kontinentaler Fußball-Chef droht eine noch nie da gewesene Spaltung.
DFB-Präsident Theo Zwanziger forderte Platini auf, einen Grabenkampf unbedingt zu verhindern. »Wir wünschen Michel Platini eine glückliche Hand. Er wird viele Probleme haben und Fingerspitzengefühl benötigen. Viele haben große Erwartungen in ihn. Ich bin gespannt, ob er die erfüllen kann«, sagte der enttäuschte deutsche Verbandschef. Zwanziger unterstrich seine Sympathien für den nach 17 Jahren im Amt als erster Präsident der UEFA-Geschichte abgewählten Johansson: »Das hat er nicht verdient.«
FIFA-Präsident Joseph Blatter ging hingegen wieder einmal als Sieger aus einem Duell mit dem »alten Schweden« hervor. Der Weltverbandschef hatte mit seiner Parteinahme für Platini noch beim Kongress die Etikette verletzt und stand am Ende doch wieder auf der Gewinnerseite: »Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit Michel Platini. Es wird ein frischer Wind wehen. Wir haben die gleichen Ideen, dass Fußball in erster Linie ein Sport ist und kein Geschäft.«
Franz Beckenbauer bedankte sich mit einem kurzen Kopfnicken und freundlichem Lächeln bei den Delegierten für das Vertrauen. Einen Wahlkampf a là Platini hatte er nicht nötig. Ohne Gegenkandidat stand die Wahl des »Kaisers« in die so genannte Fußball-Weltregierung außer Frage. Als höchster deutscher Fußball-Repräsentant will sich Beckenbauer künftig auf internationaler Bühne hauptsächlich um »soziale Belange« kümmern. Obwohl als europäischer Gesandter gewählt, liegt ihm besonders die Entwicklung in Afrika am Herzen.
Platini hatte mit einer emotionalen Rede aufgewartet, in der er seine Strategie als vermeintlicher Sozialromantiker fortsetzte. »Der Fußball ist ein Schatz, den wir schützen müssen«, sagte der Europameister von 1984. Ob er als neuer UEFA-Chef den Kampf gegen die Auswüchse des Kapitals auch umsetzen wird, bleibt aber abzuwarten. Sofort erkannte er, dass er auch die Verlierer für sich gewinnen muss. Johansson wurde auf seinen Vorschlag - zu Tränen gerührt - zum UEFA-Ehrenpräsident ernannt.
Dem Schweden hatten die von UEFA-Generalsekretär Lars-Christer Olsson vorgetragenen brillanten Wirtschaftzahlen nichts genutzt. Das UEFA-Eigenkapital stieg im Vorjahr um gut 30 Millionen Euro auf 243 Millionen Euro. Zudem rechnet man 2008 mit Einnahmen von fast zwei Milliarden Euro. »Das ist nicht zufällig passiert, sondern durch harte Arbeit und gute Führungskraft in der UEFA. Und es wird weiter gehen«, sagte Olsson. Ob Johansson daran mitwirkt, ist fraglich. Platini hat angekündigt, mehr in das Alltagsgeschäft eingreifen zu wollen. »Es ist der Beginn eines großen Abenteuers«, sagte der dreimalige europäische »Fußballer des Jahres«.

Artikel vom 27.01.2007