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Jeder zehnte Angestellte wird zum Mobbing-Opfer

Ein Telefonnotdienst hilft Betroffenen - 50 Anrufe pro Woche

Von Björn Kaps
Düsseldorf (WB). Der psychische Druck am Arbeitsplatz wächst. Jeder zehnte Arbeitnehmer wird laut einer Studie des nordrein-westfälischen Arbeitsministeriums im Laufe seines Berufslebens zum Mobbing-Opfer.

Die kostenlose »Mobbing-Line NRW« bietet Betroffenen Hilfe an. Ins Leben gerufen wurde das Projekt von der Gemeinschaftsinitiative Gesünder Arbeiten e.V., an der unter anderem das NRW-Arbeitsministerium und der Deutsche Gewerkschaftsbund beteiligt sind.
»Wer nicht weiß, an wen er sich wenden soll, findet hier qualifizierte Ansprechpartner, die bei der Suche nach einem kompetenten Arzt oder Anwalt weiterhelfen können«, sagte Carmen Tietjen, die ehrenamtlich als Beraterin für die »Mobbing-Line« arbeitet. Sie und ihre Kollegen stehen den Anrufern montags bis donnerstags von 16 bis 20 Uhr zur Verfügung.
»Jede Woche greifen etwa 50 Betroffene zum Hörer«, sagte Tietjen. Besonders häufig seien Frauen aus sozialen Berufen und aus dem Gesundheitswesen betroffen.
»Das Klima in den Büros ist rauer geworden. Die Täter versuchen häufig, Konkurrenten durch Mobbing aus dem Betrieb zu drängen, und die Opfer trauen sich nicht, das Problem anzusprechen, aus Angst, ihren Job zu verlieren«, sagte Tietjen.
In kleineren Betriebe mit stark ausgeprägten Hierarchien sei Mobbing besonders stark verbreitet.
Von den geschätzten 1,6 Millionen Angestellten, die jedes Jahr zu Mobbing-Opfern werden, litten 40 Prozent unter psychischen oder psychosomatischen Krankheiten, ermittelte der Mobbing-Report des NRW-Arbeitsministeriums.
»Von typischen psychosomatischen Symptomen wie etwa Reizmagen und Panikattacken bis zu schweren Depressionen ist alles dabei«, bestätigt Tietjen.
Für die Betroffenen sei es besonders schwierig, die Übergriffe zu beweisen. Viele Vorfälle erschienen auf den ersten Blick nicht schwerwiegend genug, um eine Beschwerde zu rechtfertigen. »Typisch sind etwa die andauernde Ausgrenzung durch Kollegen, die Vorenthaltung von wichtigen Informationen oder die Verbreitung von Gerüchten«, sagte Tietjen.
Um zu belegen, wie belastend solche scheinbar geringfügigen Vorfälle seien, sollten die Betroffenen ein Tagebuch führen, in dem sie die Übergriffe detailliert dokumentieren. »Oft ergibt sich erst über einen längeren Zeitraum ein wirkliches Bild der psychischen Belastungssituation der Opfer«, sagte Tietjen
Telefon: 0180 3100 113
www.gesuender-arbeiten.de

Artikel vom 27.01.2007