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Bunte Welt voller Lebensfreude

Johann-Strauss-Operette Wien präsentiert Karl Millröckers »Der Bettelstudent«

Gütersloh (WB). Durch musikdramaturgisch gleichgewichtig mit vielseitigen Volks- und Gruppenszenen in Unisono zum Einsatz kommende melodische Soli, Duos oder Trios nährte das von der Johann-StraussOperette Wien am Mittwoch in der Stadthalle präsentierte »Original Wiener Gastspiel« von Karl Millröcker, »Der Bettelstudent«, durchaus gesunde Bedürfnisse nach Vitalität und Lebensfreude.

In Trude Stemmers klassischer, mit Norbert Art-Uros bühnenbildnerisch farbenfrohen Schlössern, Landschaften und Kemenaten hintergründeter Inszenierung der mit Recht als klassisch bezeichneten Operette traten die überaus blumig singenden Darsteller in ihren auch nicht weniger bunten und die Historie reflektierenden Kostümen aus Gabi Brillés Alt Wiener Kostümsalon auf.
Das Stück bezieht sich auf die Zeit des Nordischen Krieges (1700-1721). Nach der zum Auftakt leicht beschwingten Ouvertüre mit ihrem innehaltend verlangsamten und erst durch die warmen Flöten aus seiner Melancholie zu erneuter Aufmunterung erlösten Mittelteil die Bühnenscheinwerfer die mit »Juhu«- Schreien eröffnende Marktszene preisgaben war der Operettenverlauf zumindest schon musikalisch unter Uwe Cernajseks außerordentlich einfühlsamer Leitung vorgezeichnet. Obwohl die um den aus der Zitadelle freigelassenen Bettelstudenten, Symon Rymanowicz, und die schöne Komtess, Laura Nowalska, sich rankende Geschichte nicht wenig kompliziert verlief, äußerte sich die Wirtin-Darstellerin, Elisabeth Loidl, im Pausengespräch mit dem WESTFALEN-BLATT vereinfachend. Dass »Gefühle und Emotionen«, die »immer die Gleichen« seien sowie »eine heile Welt wie in einem Märchen mit Happy End«, da eine »moderne, politische Inszenierung nichts verloren« hätte, dem Ensemble am Herzen lägen, schien ihr wichtig.
Ihren Zitaten entsprechend wirkte auch die Aufführung. Dennoch ging es nicht umhin, als dass der von Johannes Föttinger gespielte Symon sich auf den Racheplan des in seiner heldenhaften Ehre verletzten Gouverneurs von Krakau, Oberst Ollendorf, einließ und vom Oberst fürstlich ausstaffiert als sagenhaft reicher Fürst Wybicki der von Maria Uña dargestellten Laura Nowalska den Hof machte. Letztere hatte nämlich beim gestrigen Ball den Oberst mit ihrem Fächer ins Gesicht geschlagen, obwohl dieser dem von Ollendorf-Darsteller, Christian Reimers, ausgiebig wiederholten Liedtext entsprechend, »sie ja nur auf die Schulter geküsst« hat. Zu Symons Sekretär wird der mit ihm freigelassene von Josef Ivaska zum Ausdruck gebrachte Student, Jan Janicki, bestimmt, der sich allerdings im zweiten Akt als Feldhauptmann des polnischen Gegenkönigs, Stanislaus Leszcynski, namens Graf Opalinski entpuppt, der für die Befreiung Polens gegen die Sachsenherrschaft kämpft.
Nach zahlreichen gesanglich-spielerisch, wunderbar dargestellten Irrungen, Wirrungen, Bestechung, Verrat und einer schlussendlich glücklichen Auflösung aller Missverständnisse endet die Operette mit einer Doppel- und zu guter Letzt noch einer dritten Hochzeit. Symon bekommt tatsächlich Laura, Jan deren von Angela Wandraschek hervorragend gesungene, schöne Schwester, Bronislawa, wobei sich der nach einem Sieg der Polen kapitulierende sächsische Ollendorf mit der von Sabine Dombrowsky dargestellten, polnischen Gräfin Palmatica Nowalska (Mutter der beiden vermählten Töchter) zusammenschließt. Das Publikum reagierte wie schon zuvor zu mehreren Liedtiteln auch am Schluss mit dankbarem Applaus.

Artikel vom 26.01.2007