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Nach 49 langen
Jahren winkt die
achte Krönung

Schalke mit Lincoln und Gazprom

Von Klaus Lükewille
Gelsenkirchen (WB). Die Stadt der tausend Feuer, so wurde Gelsenkirchen einmal genannt. Die meisten Flammen sind längst erloschen. Aber dafür flackert es jetzt auf dem Trikot der Königsblauen. Gazprom hat den Hahn aufgedreht.
Auch das Maskottchen »Erwin« trägt Gazprom

Der russische Öl-Gigant und der deutsche Fußball-Traditionsclub FC Schalke 04, das ist schon eine ganz besondere Geschäftsverbindung. Klar, beide wollen profitieren. Die Schalke werden kassieren, die Russen möchten ihren Namen optimieren. Der Vertrag läuft bis 2012. Und wenn die Kicker bis dahin fleißig Titel sammeln, dann winkt dem Verein in diesem Zeitraum eine »Prämie« von insgesamt 125 Millionen Euro.
In der laufenden Saison ist aber nur noch ein großer Wurf möglich. Aus dem UEFA-Cup und dem DFB-Pokal haben sich die Schalker bereits früh verschiedet, im Liga-Rennen sind sie aber sehr gut dabei - auf Platz zwei. Punktgleich mit Spitzenreiter Werder Bremen, der die bessere Tor-Quote vorzuweisen hat. Hier ist noch alles möglich. Die Meisterschaft winkt, davon träumen sie in Gelsenkirchen nun schon seit 49 langen Jahren. 1958 feierte Schalke seinen siebten und vorerst letzten Titel.
»Es wird höchste Zeit, dass wir wieder mal ganz oben stehen«, fordert der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies. Der Fleisch-Fabrikant aus Rheda-Wiedenbrück ist der starke Mann des Vereins, der dafür sorgte, dass der allmächtige Manager freiwillig seinen Stuhl räumte.
Alle reiben sich jetzt erstaunt die Augen: Schalke ohne Rudi Assauer, das geht tatsächlich. Und nicht schlecht. Sicher, in der Vorrunde, da kreiselte und kriselte es in diesem Verein wieder einmal. Sie ließen nichts aus. Maulwurf-Vorwürfe, Asamoah-Suspendierung, Torwart-Tausch, Zuschauer-Protest, Medien-Boykott - auf Schalke sind diese Ereignisse aber seit Jahrzehnten total normal.
Verdächtig wird es erst, wenn in dem Laden für längere Zeit Ruhe herrschen sollte. Aber das ist nicht zu befürchten. Hier zündelt immer irgendwo einer. Garantiert. Doch den Trainer stört das nicht mehr. Mirko Slomka sitzt gerade erst ein Jahr auf diesem Stuhl und hat fast alles schon erlebt: »Mich kann so schnell nichts mehr erschüttern.«
Er war im Herbst, nach den Pleiten im UEFA-Cup und im DFB-Pokal, schon ein verlorener Mann - und steht seitdem auf der Gewinner-Seite. Es gab keine Niederlage mehr. Und jetzt winkt Slomka im Frühjahr die Vertrags-Verlängerung, wenn Schalke auch dann noch um die Meisterschaft mitspielen sollte.
»Die Mannschaft hat die Qualität«, sagte Manager Andreas Müller. Der muss ja so reden, er hat diesen Kader schließlich zusammengestellt. Und in der Tat: es ist eine Auswahl von Format, die da mit Bremen und den Bayern in einen heißen Dreikampf gehen wird.
Slomka hat sogar ein Luxusproblem: 14, 15 Spieler sind erstklassig. Wen lässt er raus? Regisseur Lincoln, in der Vorrunde lange verletzt, kommt zum Auftakt in Frankfurt wieder rein. Denn der Trainer kündigte an: »Ist Lincoln fit, gehört er in die Elf.« Allerdings: ohne den Brasilianer lief es ausgezeichnet. Und es wird spannend, wie der Ball rollt, wenn er wieder beim Anpfiff mit auf dem Rasen steht. Dann könnte in der ehemaligen Stadt der tausend Feuer die Lunte schnell wieder brennen.
Letzte Folge: Werder Bremen - Torfabrik und Titeltraum.

Artikel vom 26.01.2007