26.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Ein Traumpaar im Goldrausch

Eiskunstlauf-EM: Titel für Sawtschenko/Szolkowy - Steuer erklärt seine Akte

Warschau (dpa). Der Goldrausch währte für Aljona Sawtschenko und Robin Szolkowy nach einer fabelhaften Kür in der Nähe des Weltrekordes und dem ersten deutschen Titel seit zwölf Jahren bei Europameisterschaften viel zu kurz.

»Sie waren traumhaft und haben gezeigt, dass sie auf dem richtigen Weg zu noch höheren Zielen sind«, sagte ein heiserer und sichtlich mitgenommener Trainer Ingo Steuer in Warschau, »aber das richtige Gefühl zum Feiern kommt nicht auf. Da ist etwas im Hintergrund, was geklärt werden muss.« Der Chemnitzer Eiskunstlauf-Coach hat erstmals seit Bekanntwerden seiner Stasi-Vergangenheit vor einem Jahr seine harte Linie aufgegeben und eine schriftliche Stellungnahme zu seiner Akte verfasst.
Das fünfseitige Schreiben, das der Deutschen Eislauf-Union (DEU) vorliegt, soll ein erster Schritt sein, um aus der verzwickten Lage herauszukommen, die die neuen Europameister am meisten mitgenommen hat. »Ich hoffe endlich auf klare Verhältnisse, denn wir wollen mit Ingo weiterarbeiten«, forderte der 27-jährige Szolkowy. Steuer möchte schnellstmöglich eine Klärung an einem »Runden Tisch«, um die schweren Vorwürfe zu seiner Vergangenheit als »IM-Torsten« zu entkräften.
Der 40-jährige Steuer ist neben der Betreuung auch für Choreografie und Management zuständig. Heraus kam eine Meisterleistung, die angesichts ständiger Störungen durch Gerichtsprozesse und der Unsicherheit des finanziellen Überlebens umso beachtlicher ist. »Das war eine Symbiose aus Sport, Artistik und Kunst, die Maßstäbe setzt«, schwärmte DEU-Sportdirektor Udo Dönsdorf.
Und die gerade erst 23 Jahre alt gewordene Sawtschenko nutzte ihren ersten großen Triumph zu einer Kampfansage an die chinesischen Grand-Prix-Sieger Xue Shen/Hongbo Zhao, an deren Weltrekord von 206,54 Punkten sie mit 199,39 Zählern ganz dicht herankam. »Ja, wovor sollen wir denn Angst haben? Die Chinesen sind keine Maschinen, sie machen auch Fehler«, lautete die kesse Aussage vor der Weltmeisterschaft im März in Tokio. Doch Steuer bremst sein Duo und sieht den großen Titel noch nicht: »Die Chinesen haben uns zehn Jahre Wettkampf-Erfahrung voraus«. Er selbst hat die letzten deutschen Erfolge mit Mandy Wötzel (Weltmeister 1997/Europameister 1995) gefeiert und so manchen Trick im Wettkampf parat.
So sah es beim Warmlaufen noch so aus, als sei Aljona Sawtschenko zu nervös - nichts gelang ihr. »Ich habe danach gesagt, Schuhe ausziehen, dann noch einmal alles von vorn starten und auf Angriff laufen«, erzählte Steuer von dem Psychotrick vor der entscheidenden Vorstellung, die den ehemaligen Weltmeistern Maria Petrowa/Alexej Tichonow aus Russland (179,61) und den Lokalmatadoren Dorota Zagorska/Mariusz Siudek (170,91) nicht den Hauch einer Chance ließ.
Der Franzose Brian Joubert sicherte sich zum zweiten Mal den Titel bei Eiskunstlauf-Europameisterschaften. Der 22-Jährige setzte sich gestern in der Kür klar gegen den Tschechen Tomas Verner und den Belgier Kevin van der Perren durch. Der sechsmalige deutsche Meister Stefan Lindemann aus Erfurt beendete den Wettbewerb als Elfter und fährt zur Weltmeisterschaft im März nach Tokio. Philipp Tischendorf aus Berlin landete bei seiner EM-Premiere auf Rang 15.
Im Eistanzen führt das Paar Isabelle Delobel/Olivier Schoenfelder (Frankreich). Nelli Ziganschina/Alexander Gazsi (Chemnitz/Berlin) liegen auf Platz 16.

Artikel vom 26.01.2007