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Die Beweislage ist zu dürftig

Tod am Rothebach: Kein Prozess gegen Vater und seine Söhne

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). Oter Ozmenian wurde Opfer eines Gewaltverbrechens. Doch sein Tod bleibt wahrscheinlich ungesühnt. Das Landgericht Paderborn hat die Anklage gegen die mutmaßlichen Täter nicht zugelassen.

In der Nacht zum 16. Juni vergangenen Jahres war es am Rothebach in der Paderborner Stadtheide zu einem heftigen Streit gekommen, an dem nach Ermittlungen der Mordkommission etwa 20 Personen beteiligt waren. Zwischen dem 29-jährigen Ozmenian, ein jesidischer Asylant aus Georgien, und dem 66-jährigen Ruslan K., Asylbewerber aus Tschetschenien, entwickelte sich eine handfeste Schlägerei. »Es steht fest, dass der später Getötete zuerst geschlagen hat«, sagt K.'s Verteidiger Benedikt Klein.
Zeugen sagten aus, der Ältere habe sich mit seinem Gehstock zur Wehr gesetzt. Dann seien ihm seine Söhne Orzeho (15) und Elberd (17) zur Hilfe geeilt und hätten ebenfalls auf den Georgier eingeschlagen. Kurz darauf lag Oter Ozmenian in seinem Blut. Ein Messerstich in den Rücken hatte den Vater von drei Kindern getötet.
Wegen dringenden Tatverdachts nahm die Polizei Ruslan K. und seine Söhne fest. Sie hatten Blut des Opfers an ihrer Kleidung. Die Tatwaffe wurde allerdings bis heute nicht gefunden. »Niemand kann sagen, wer in dem Tumult wirklich zugestochen hat«, meint Rechtsanwalt Klein.
Gleichwohl erhob die Staatsanwaltschaft gegen alle drei Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Doch die Beweise reichten der zuständigen Strafkammer nicht aus. Sie lehnte die Eröffnung einer Hauptverhandlung ab. »So etwas geschieht nur ganz selten«, betont Klein. »Aber es zeigt, dass die Paderborner Justiz sehr sorgfältig abwägt.« Die Anklage gegen seinen Mandanten und dessen Söhne sei durch nichts zu begründen. Die beiden Jungen waren nach einer Haftbeschwerde ihrer Verteidiger Josef Schulte und Jann Henrik Popkes bereits Mitte August wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Ihr Vater verbüßt indes eine 18-monatige Haftstrafe wegen anderer Delikte.
Staatsanwalt Ralf Vetter und Rechtsanwalt Dieter Cramer, der die Witwe des Opfers vertritt, wollen gegen die Nichtzulassung der Anklage beim Oberlandesgericht Beschwerde einlegen.
Laut Cramer soll es einen Zeugen geben, zu dem einer der Söhne gesagt habe: »Hau ab, sonst steche ich dich auch noch ab«. Aber alle Zeugen hätten Angst vor den Tschetschenen. Cramer: »Der Vater soll in Russland auch schon wegen Doppelmordes im Gefängnis gesessen haben«.
Ihm sei davon nichts bekannt, entgegnet Verteidiger Klein.
Oter Ozmenians Witwe Naze (29) will nicht wahrhaben, dass jene, die ihren Mann umgebracht haben, möglicherweise ungeschoren davon kommen. (Weiterer Bericht auf der NRW-Seite.)

Artikel vom 26.01.2007