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Siemens zur Kasse gebeten

420 Millionen Euro Kartellstrafe

Brüssel/München (dpa). Neue Hiobsbotschaft für Siemens: Der von einer Schmiergeldaffäre erschütterte Elektrokonzern muss als Kartellsünder ein Rekordbußgeld von 419 Millionen Euro zahlen. Brüssel stellte Siemens neben anderen großen Elektrokonzernen gestern wegen illegaler Preisabsprachen bei Schaltanlagen für Stromnetze an den Pranger.
Siemens-Vorstand Udo Niehage: Strafe ist zu hoch.

Der Strafgeld-Beschluss traf beim Konzern unmittelbar vor der heutigen Hauptversammlung in München ein. »Das ist reiner Zufall«, sagte der Sprecher von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes in Brüssel.
Brüssel verhängte insgesamt 750,7 Millionen Euro Strafgelder gegen elf an dem Kartell beteiligte Unternehmen, darunter die Großen der Branche wie Alstom, AREVA und Schneider aus Frankreich sowie Hitachi, Mitsubishi und Toshiba aus Japan. Mitsubishi muss allein 118 Millionen Euro zahlen. Der Maschinenbaukonzern ABB beichtete der EU die Verstöße und bleibt deshalb als Kronzeuge vom Bußgeld verschont.
Kartellsünder Siemens muss exakt 418,6 Millionen Euro berappen, davon entfallen 396,6 Millionen Euro auf Siemens Deutschland. Weitere 22 Millionen Euro muss Siemens Österreich für den im Jahr 2005 gekauften Anlagenbauer VA Tech in die EU-Kasse überweisen. »Der Grund für das hohe Strafgeld ist die Größe des Unternehmens und sein Marktanteil«, sagte der Sprecher der EU-Kommission. Siemens habe mit zwei weiteren Unternehmen eine führende Rolle gespielt. Siemens will gegen die Strafe beim EU-Gericht in Luxemburg klagen. Siemens-Bereichsvorstand Udo Niehage: »Wir halten die verhängten Bußgelder für absolut überzogen.«
Zwar habe es von Oktober 2002 bis April 2004 Absprachen bei gasisolierten Hochspannungsschaltanlagen »bei einigen wenigen Projekten« gegeben. Das Volumen bezifferte Niehage auf 60 Millionen Euro. Auch angesichts des Gesamtvolumens von 660 bis 700 Millionen Euro für PTD sei die Höhe der Strafe nicht nachvollziehbar.
Brüssel wirft den Unternehmen vor, mehr als 16 Jahren lang Absprachen zum Nachteil der Kunden getroffen zu haben. Das Kartell bestand von 1988 bis 2004. Es umfasste de facto die gesamte weltweite Branche mit Ausnahme der USA. Das Kartell betraf »Angebotsabsprachen bei Ausschreibungen, Preisabsprachen, Projekt- und Marktaufteilung sowie dem Austausch geschäftlich wertvoller und vertraulicher Informationen«. Mit den gasisolierten Schaltanlagen werden Energieflüsse in Stromnetzen kontrolliert. Sie sind ein wichtiger Bestandteil von Umspannwerken. S. 4: Kommentar

Artikel vom 25.01.2007