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Nieheim jagt den Mörder

Erste Hinweise nach Fahndungsaufruf - Menschen betroffen

Von Christian Althoff
und Harald Iding (Fotos)
Nieheim (WB). Im Fall der getöteten Schwesternschülerin Frauke Liebs (21) aus Paderborn sind gestern mehr als 20 Hinweise bei der Mordkommission eingegangen.
»Dorfsheriff« Manfred Klose hängte gestern Plakate auf.

»Wir freuen uns über das große Echo. Das waren Hinweise mit Substanz«, sagte Michael Biermann, Sprecher der Kreispolizeibehörde Paderborn. Die Mordkommission hatte am Dienstag bekanntgegeben, dass die im Juni 2006 ermordete Frauke Liebs vor ihrem gewaltsamen Tod offenbar eine Woche lang in Nieheim (Kreis Höxter) gefangengehalten worden war. Das hatten Profiler des Landeskriminalamtes herausgefunden. Die Polizei hatte deshalb die Bevölkerung im Raum Nieheim aufgerufen, auffällige Beobachtungen aus der Zeit der Fußballweltmeisterschaft zu melden. Die gestern eingegangenen Hinweise, die Personen und mögliche Verstecke wie ein Wohnmobil und ein Zelt im Wald betrafen, werden jetzt überprüft.
»Ein wenig mulmig kann einem schon werden«, sagte Gymnasiastin Greta Hefenbrock (15), die gestern mit ihren Mitschülerinnen Julia (16) und Ria (16) in Nieheim unterwegs war. Die drei Paderbornerinnen waren für zwei Tage zu Schulorchesterproben nach Nieheim gekommen. Eine der Schülerinnen hatte am Morgen noch von ihrer Mutter den Rat bekommen, gut auf sich aufzupassen, nachdem die Mutter in der Zeitung von der Fahndung gelesen hatte.
»Dass der Mörder möglicherweise unter uns lebt, schockt die Menschen hier«, sagt Manfred Klose (58), der seit 20 Jahren als Polizist in Nieheim arbeitet. Gestern war der Beamte mit einem Stapel Fahndungsplakate unterwegs, die er an Geschäftsleute verteilte. »Egal, wohin ich gekommen bin - die Leute haben alles stehen- und liegengelassen und als erstes die Plakate aufgehängt. Der Mord an der jungen Frau geht allen nahe«, sagt der Hauptkommissar, der selbst zwei erwachsene Töchter hat. Kriminalität sei sonst im idyllischen Nieheim kein Thema, sagt der Polizist. »Und jetzt das!«
Im Dezember hatte der erfahrene »Dorfsheriff« die Profiler des Landeskriminalamtes durch seine ländliche Heimat gefahren: »Die wollten sich ein Bild von der Gegend machen, aus der sich Frauke Liebs Stunden nach ihrem Verschwinden per Handy gemeldet hatte.« Ein Polizeitechniker hatte zudem ausgemessen, welches Gebiet der Handy-Mast in Nieheim-Entrup versorgt, um den damaligen Aufenthaltsort des Opfers eingrenzen zu können.
Acht Wochen lang hatten sich LKA-Beamte des Sachgebietes »Operative Fall-Analyse« mit den bisherigen Erkenntnissen der Mordkommission befasst, bis diese Profiler jetzt Nieheim als wahrscheinlichen Aufenthaltsort des Entführungsopfers ausgemacht hatten. Dabei hatten sich die Experten vor allem für Dinge interessiert, die der Täter getan hatte, ohne sie tun zu müssen - wie den Umstand, dass er Frauke Liebs fünfmal ermöglicht hatte, von Paderborn aus zu telefonieren. Damit wollte der Unbekannte nach Überzeugung der Profiler vom Raum Nieheim ablenken und gleichzeitig die besorgten Angehörigen und die Polizei beruhigen.

Artikel vom 25.01.2007