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Bravourös: »Fritze« ist wieder Spitze

Deutschlands Nummer 1 lebt die Emotionen aus und demonstriert Stärke

Von Arndt Wienböker
Dortmund (WB). Die Fäuste geballt, die Arme in Siegerpose: Die ganze Körpersprache demonstriert Stärke und Zuversicht. So wünscht sich Handball-Deutschland seine Nummer 1. Und so wie gegen Tunesien will sich Henning Fritz auch selber sehen: Selbstbewusst, Respekt einflößend. »Fritze« ist wieder Spitze!

»Ich zeige wieder Emotionen. Das ist mir zuletzt oft schwer gefallen«, verriet der 32-Jährige während seines Interview-Marathons durch die wartende Journalistenschar in der Westfalenhalle.
Es sind Emotionen pur, die der Welthandballer von 2004 plötzlich wieder auslebt: Bravourös parierend, lautstark dirigierend, wild gestikulierend, voll motivierend. Einen übers Feld sprintenden Fritz, der sich in der gegnerischen Hälfte mit einer Horde Tunesier anlegt, hatte man schon lange nicht mehr gesehen. »Das brauche ich einfach«, sagt der Mann zwischen den deutschen Pfosten, der in seinem 204. Länderspiel 16 Würfe (darunter drei Siebenmeter) entschärfte und mit 41 Prozent gehaltener Bälle völlig zu Recht zum besten Spieler der Partie gewählt wurde.
»Die ganze Mannschaft hat sich mit ihm gefreut«, lobte Heiner Brand den Weltklasse-Auftritt seiner Nummer 1: »Hennings Kampfgeist und seine Körpersprache sind wieder da. Wenn er sich auf diesem Niveau stabilisieren kann, wäre das sehr gut für uns.«
Wie wichtig eine breite Brust im Tor ist, weiß auch Keeper-Kollege Johannes Bitter, der zu seinem Konkurrenten eine sportlich faire Beziehung pflegt: »Das war ein Höhepunkt, der Fritze ganz viel Selbstvertrauen geben wird.«
Den »alten Fritz« (»Ich bin zum ersten Mal seit langem mit mir selbst zufrieden«) sollen an diesem Samstag auch die Franzosen zu sehen bekommen. Ein normales Spiel ist es für den Vater zweier Töchter mit Sicherheit nicht, wenn er im Torhüter-Duell auf seinen Kieler Konkurrenten Thierry Omeyer trifft, schließlich haben der Franzose und der Schwede Mattias Andersson den Deutschen beim THW zur Nummer drei degradiert.
Doch daran verschwendet der Europameister von 2004 momentan keine Gedanken. Die Selbstzweifel sind ausgelöscht, die Sorgen von gestern der WM-Euphorie gewichen: »Wir sind gegen Frankreich zwar Außenseiter, gehen aber voller Optimismus in die Partie, weil wir uns ganz klar im Aufwind befinden.«
Das trifft in erster Linie auf ihn selbst zu. Den Grund dafür kennt der gebürtige Magdeburger ganz genau: »Ich fühle mich beim THW eigentlich genauso wohl wie beim DHB. Der große Unterschied ist, dass ich im Nationalteam das Vertrauen des Trainers habe.«
Das, was THW-Coach Svonimir Serdarusic Henning Fritz genommen hat, holt er sich bei Heiner Brand nun Stück für Stück zurück: den Glauben an die eigene Stärke. Und der kann Deutschlands Titel-Träume reifen lassen. Das weiß Heiner Brand, das wissen auch die Kollegen. »Henning ist wieder der alte Busfahrer«, schmunzelte Florian Kehrmann nach der Tunesien-Partie. Busfahrer? So wird der 1,89-Meter-Mann im Mannschaftskreis wegen seiner stoischen Ruhe außerhalb des Spielfeldes schon mal gerufen. Mit der Ruhe auf dem WM-Parkett soll es dagegen vorbei sein. »Fritze« ist wieder Spitze: Gut für ihn, gut für Deutschland!

Artikel vom 27.01.2007