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»Müssten um 7 Uhr
zum Training fahren«

Frankreichs Trainer Claude Onesta im Interview

Halle (WB). Am 6. Februar feiert Claude Onesta seinen »Fünfzigsten«. Doch sein Geburtstagsgeschenk will sich der Trainer der »Equipe Tricolore« schon zwei Tage vorher abholen. Mit Topfavorit Frankreich soll im Finale der dritte Weltmeistertitel eingefahren werden. Volker Krusche sprach vor dem Deutschland-Spiel mit Onesta.
Claude Onesta.
Eine starke zweite Halbzeit gegen Polen, eine überzeugende Leistung gegen Slowenien. Hatte die Niederlage gegen Island auch ihr Gutes?Claude Onesta: »Eine Niederlage ist nie gut, weil man zwei Punkte verliert, die bei der Endabrechnung fehlen können. Aber in der Tat haben meine Spieler die richtige Reaktion gezeigt und sich ins Turnier zurück gekämpft.«

Wie schätzen Sie die deutsche Mannschaft, ein?Onesta: »Es wird eine sehr harte Partie für uns, weil sich die Deutschen von Spiel zu Spiel gesteigert und gegen Tunesien eine fast perfekte Leistung abgeliefert haben. Es war für Heiner Brand und seine Spieler zunächst schwer, weil sie nicht wie erwartet ins Turnier gefunden haben. Inzwischen aber müssen wir sehr stark sein, um uns gegen die deutsche Mannschaft und das Publikum behaupten zu können.«

Sie überraschen ihre Gegner, in dem Sie in Unterzahl nicht auf den etatmäßigen Rückraum bauen, sondern mit zwei Außen im Aufbau agieren. Kann man im Verlauf des Turniers mit weiteren Überraschungen rechnen?Onesta: »Ich bin natürlich sehr glücklich, dass ich über so viele überragende Spieler verfüge, die man unterschiedlich einsetzen kann. Das trifft auch auf meine Außen Luc Abalo und Michael Guigou zu, die ungemein wendig sind und mit denen man den Nachteil Unterzahl wettmachen kann. Natürlich könnte es im Verlauf des Turniers noch weitere taktische Überraschungen geben.«

Steht und fällt das Spiel Ihrer Mannschaft mit der Leistung von Nikola Karabatic?Onesta: »Nein, soweit will ich nicht gehen. Er ist ein überragender Mann. Aber ich habe nicht nur Karabatic, sondern mit Fernandez, Narcisse und Gille weitere Topspieler im Rückraum. Jeder Trainer wäre froh, über ein so hohes internationales Niveau im Rückraum verfügen zu können.«

Sie haben nach dem Umzug von Magdeburg nach Marienfeld mit den Spielen in Dortmund die weiten Strecken moniert, die es zu überbrücken gilt. Die deutsche Mannschaft wohnt indes direkt vor den Toren Dortmunds. Ist das für Sie Wettbewerbsverzerrung?Onesta: »Bei der WM 2001 in Frankreich gehörte ich dem Organisationskommitee an. Damals wurde vorausgeesetzt, dass die Mannschafts-Hotels nicht mehr als drei Kilometer von den Hallen entfernt sind. Das ist hier nicht gegeben. Bis zur Westfalenhalle sind es 100 Kilometer. Man bietet uns in Dortmund um 9 Uhr die Möglichkeit zum Training an. Wie soll das funktionieren? Da müssten wir um 7 Uhr losfahren. Das tun wir natürlich nicht. Es kann aber auch nicht sein, dass es in der Umgebung von Marienfeld keine Sporthalle mit den entsprechenden Handballmaßen gibt. So werden wir uns in einer ganz kleinen Halle 25 bis 30 Minuten locker bewegen. Angesichts dieser Bedingungen kann sich die Frage nach Wettbewerbsverzerrung auch jeder Beobachter dieser Weltmei-sterschaft selbst beantworten.«

Artikel vom 27.01.2007