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Sein Zuhause
waren die Bars

Toulouse-Lautrec-Schau in Herford

Von Hartmut Horstmann
Herford (WB). Der Künstler als heimlicher Beobachter, als Auflauerer: Eine ganz besondere Chronisten-Perspektive nimmt Henri de Toulouse-Lautrec ein, der in der Welt der Pariser Cabarets und Bordelle zu Hause war. Etwa 60 Arbeiten des kleinwüchsigen Künstlers zeigt der Herforder Kunstverein.

»Henri de Toulouse-Lautrec: Pariser Leben - Milieu Montmartre«: Unter diesem Titel wird die Präsentation an diesem Samstag um 16.30 Uhr im Daniel-Pöppelmann-Haus eröffnet. Die Plakate, Lithographien und Radierungen stammen aus dem Besitz des Sprengel Museums Hannover.
Ein flotter Mann mit Hut, den roten Schal über die Schulter nach hinten geworfen: Diese Farblithografie des Sängers Aristide Bruant gehört zu den bekanntesten Arbeiten Toulouse-Lautrecs, der in seinem kurzen, aber exzessintensiven Leben zu einem Wegbereiter der Moderne wurde. Nahezu alles sei Auftragskunst gewesen, erläutert Professor Theodor Helmert-Corvey, stellvertretender Leiter des Kunstvereins Herford. Doch die Arbeiten, werbewirksam für den Augenblick geschaffen, setzten sich durch, waren stilprägend - was auch dazu führte, dass die Plakatkunst, die mehr als 100 Jahre alt ist, auf den Menschen des 21. Jahrhunderts wie eine Selbstverständlichkeit wirkt.
Dabei war der Weg in die hohen Etagen der Museumskunst keineswegs vorgezeichnet. Toulouse-Lautrec, von der Natur nicht gerade begünstigt, verbrachte sein Leben in Bars, Opernhäusern und Bordellen. Er habe die Menschen gezeichnet, die er dort getroffen habe, sagt Helmert-Corvey. Auch die Seiten der Gesellschaft, die nicht salonfähig zu sein schienen, interessierten den Mann, dessen Beine nach zwei komplizierten Brüchen nicht mehr wuchsen. Hinter der Bühne verfolgte er das Geschehen. Diese Perspektive - sicher lässt sie sich bei ihm auf andere Lebensbereiche auch übertragen - prägte zahlreiche Arbeiten, in denen die Figuren von hinten zu sehen sind. Kurios: Auch kleine Hunde hielt Toulouse-Lautrec gerne in der Rücken-Perspektive fest.
Die Ausstellung (bis zum 25. März) macht deutlich, dass der Franzose die japanische Kunst bewundert hat. Vereinfachte Linienführung, große Farbflächen und das Mongramm, mit dem er seine Werke kennzeichnete, weisen auf den Einfluss japanischer Holzschnitte hin. Gleichzeitig lernt der Ausstellungsbesucher neue Facetten des Künstlers kennen. So war dieser auch als Gerichtszeichner aktiv - ein Chronist des Panama-Prozesses aus dem Jahr 1896.

Artikel vom 24.01.2007