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Jeder ist ein Lieblingskomponist

Cellist Nicolas Altstaedt gastiert mit »Berlin-Shanghai« in der Oetkerhalle

Bielefeld (WB). Kaum ein Kontinent, den Nicolas Altstaedt mit seinem Cellospiel nicht schon erobert hätte, kein Wettbewerb, aus dem der 24-Jährige nicht als Sieger hervorgegangen wäre. Der in Gütersloh aufgewachsene Cellist holte sich seinen letzten Schliff unter anderem bei Mistislav Rostropovich und Heinrich Schiff ab und konzertierte mit namhaften Solisten und Orchestern in und aus aller Welt. Als Mitglied des Quartetts »Berlin-Shanghai« gastiert er am Samstag, 27. Januar, 20 Uhr, im Rahmen der Konzertreihe Müller in der Oetkerhalle. Zuvor sprach Uta Jostwerner mit dem Künstler.

Sie haben mit sechs Jahren angefangen, Cello zu spielen. War das Cello ihr Wunschinstrument?Nicolas Altstaedt: Mein Vater war zwar kein Berufsmusiker, spielte aber etwas Klavier und Cello. Folglich hatten wir diese beiden Instrumente zu Hause. Da mein Bruder schon Klavier spielte, ergab es sich, dass ich das Cello wählte. Ich fand das Instrument toll, war neugierig und bin ganz ungezwungen dazu gekommen. Es hat mir Spaß gemacht.

Wer waren Ihre Lehrer und Förderer in der Anfangszeit?Nicolas Altstaedt: Zunächst habe ich Unterricht an der Musikschule in Gütersloh erhalten. Ab 1996 war ich dann bis zum Abitur Jungstudent bei Marcio Carneiro an der Musikhochschule in Detmold. Das war eine sehr prägende Zeit.

Wie ging es dann weiter?Nicolas Altstaedt: Danach habe ich zwei Jahre in Basel bei Ivan Monighetti studiert. Anschließend bin ich zu Boris Pergamenschikow an die Hanns-Eisler Musikhochschule in Berlin gewechselt. Für mich war er die einflussreichste Person. Er nahm sich viel Zeit, nahm nur sechs Schüler statt zwölf in seine Klasse auf und hat mir menschlich wie musikalisch viel gegeben. Er war etwas besonderes, weil er einem nicht seine Meinung aufdrückte, sondern einem die Freiheit ließ, selbst zu entscheiden. Als er krank wurde, hat er den Unterricht im Krankenhaus erteilt (Pergamenschikow starb im April 2004, Anm. d. Red.).

Wer hat Sie noch geprägt?Nicolas Altstaedt: Viel gelernt habe ich von Kammermusikern, zum Beispiel von Gidon Kremer. In seinem Trio habe ich bei Festivals in Lettland und Basel mitgespielt. Es waren intensive Konzerterlebnisse.

Haben Sie einen Lieblingskomponisten?Nicolas Altstaedt: Jeder Komponist, den ich gerade spiele, ist mein Lieblingskomponist. Ansonsten hege ich Vorlieben für Franz Schubert und Gustav Mahler.

Sie haben auch schon mit zeitgenössischen Komponisten wie Sophia Gubaidulina und Wilhelm Killmeyer zusammengearbeitet und deren Werke aufgeführt. Gibt es eine Affinität zur Neuen Musik?Nicolas Altstaedt: Ja, weil es in diesem Bereich ein riesiges Repertoire fürs Cello gibt und es wird immer mehr. Es ist schön, Komponisten persönlich kennenzulernen und ihre Ratschläge zu hören.

Sie kommen gerade aus New York. Was haben Sie dort gemacht?Nicolas Altstaedt: Ich habe mit meinem Klavierpartner Francesco Piemontesi einen Duoabend in der deutschen Botschaft gegeben. Und ich habe mir die Stadt angeschaut.

Sie waren auch schon auf einer Konzert-Tournee durch den Nahen Osten und haben unter anderem in Ramallah und Baghdad Konzerte gegeben. Hatte Sie keine Angst, dort aufzutreten?Nicolas Altstaedt: Nein, das war im Jahr 2002 und war vom Goethe-Institut organisiert. Also noch vor dem Krieg im Irak.

Erst im Oktober vergangenen Jahres haben Sie mit Schumanns Cello-Konzert ihr Debüt in der Oetkerhalle gegeben. Waren Sie nie bei den Jungen Sinfonikern?Nicolas Altstaedt: Nein, ich habe mich zwar mal beworben, aber die wollten mich nicht und fanden, ich sei mit 12 Jahren noch zu jung. Da bin ich ins Landesjugendorchester gegangen.

Wie sieht Ihre weitere Zukunftsplanung aus?Nicolas Altstaedt: Bis Juni werde ich werde viel reisen und mit meinem Duopartner konzertieren. Im September gebe ich ein Konzert mit dem Tonhallenorchester Zürich unter Sir Neville Marriner. Danach spiele ich in Jerusalem auf dem Festival von Elena Baschkirowa, der Ehefrau von Daniel Barenboim.

Würden Sie das Cello manchmal gerne in die Ecke stellen?Nicolas Altstaedt: Das mache ich auch. Man braucht Ruhephasen, um Distanz zu bekommen.

Was machen Sie dann stattdessen?Nicolas Altstaedt: Ich gehe spazieren, besuche Museen und treffe mich mit Freunden. Ich lade auch gerne Gäste ein. In New York habe ich das Cello ein paar Tage nicht ausgepackt. Danach macht es wieder viel mehr Spaß.

Artikel vom 27.01.2007