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Spaß oder nur leidige Pflicht?

Geteilte Meinungen zum erstmals angesetzten Präsidenten-Cup der IHF

Von Johnny Dähne
Lemgo (WB). So richtig Lust auf Handball hatte Yousef Alfadhli nicht mehr. Der kuwaitische Nationaltorhüter kickte das Spielgerät Mitte der ersten Halbzeit nach jedem Gegentor unmotiviert in Richtung Anwurfkreis, gestikulierte mit den Armen mehr, als sie für seine Aufgabe zu benutzen - nämlich beim Präsidenten Cup in Lemgo Bälle für sein Land zu halten.

Dass seinem Team beim 23:33 gegen die Ukraine schon im Vorfeld keine echte Siegchance eingeräumt wurde, mag den mit knapp zwei Metern größten Kuwaiti nicht trösten. Wirklich Notiz von Alfadhis Schicksal nahmen ohnehin nur - so die offizielle Zahl - 1166 Zuschauer in der Lipperlandhalle. »Ich bin wirklich ein bisschen traurig und ärgerlich, dass nur so wenige Fans den Weg in die Halle gefunden haben«, fand Lemgos Organisationschef Fynn Holpert klare Worte. »Es ist schade für alle, die in den vergangenen Tagen Zeit und Kraft investiert haben.«
Seit Mittwoch werden im lippischen Handball-Oberzentrum die WM-Plätze 13 bis 18 ausgespielt. Doch sie locken nur hartgesottene Handballfans in die Halle. Vielleicht auch, weil um die Ecke - in Halle - die Topstars mit dem Ball hantieren. Und so verbreitet das Stelldichein der Vorrundendritten - neben Kuwait und der Ukraine sind mit Norwegen, Ägypten, Argentinien und Südkorea sechs Teams aus vier Kontinenten am Start - ein Flair, das irgendwas zwischen olympischem Geist und Freundschaftsspielen vermittelt.
»Dabeisein ist alles« heißt es auch für den ehemaligen TBV-Linksaußen Carlos Lima. Der vielsprachige Schweizer wurde von Holpert als Dolmetscher für die Pressekonferenzen engagiert. »Ich habe mich sehr über Fynns Anfrage gefreut und gerne zugesagt«, erklärt Lima, 2003 mit dem TBV deutscher Meister. Während Lima im Anzug die Partie der Kuwaitis verfolgt, beobachtet die südkoreanische Delegation im Trainingsanzug auf der Tribüne ihre möglichen Gegner. Nur wegen der schlechteren Tordifferenz musste das Team um Hamburgs Star Kyung-Shin Yoon den punktgleichen Russen den Vortritt in die Hauptrunde lassen. »Wir haben aber noch Lust zu spielen«, versichert Yoon, neben dem ein Video spielender Teamkollege sitzt. »Aber«, so fügt er hinzu, »man muss nicht jeden Tag ein Spiel haben. Das ist viel zu viel.«
Die Kritik des mit 283 Toren in der ewigen Weltmeisterschafts-Torjägerliste führenden Yoons richtet sich auch an Dr. Hassan Moustafa, den IHF-Präsidenten. Der Ägypter erfand den nach seiner Funktion benannten Präsidenten-Cup, der in Deutschland Premiere feiert. Mehr Spiele für die »Underdogs« auf Weltniveau ist sein Argument. Doch selbst im im Mutterland des Handballs ist diese »Aufbauhilfe« kein Zugpferd. Und auch der ein oder andere gestresste Bundesligaspieler bei Norwegen und Südkorea würde auf diese Spiele wohl liebend gern verzichten.

Artikel vom 26.01.2007