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»Spüren Aufwind der Konjunktur«

Weniger Verfahren am Arbeitsgericht

Bielefeld (uko). Die Arbeitsrichter in Bielefeld haben im vergangenen Jahr den Aufwind der Konjuktur verspürt. So wurden am Arbeitsgericht Bielefeld (zuständig für Bielefeld und den Kreis Gütersloh) nur noch 3739 neue Verfahren registriert. Direktor Walter Klingebiel: »Der Trend deckt sich mit der wirtschaftlichen Lage im Land.«

Zum Vergleich: Im Vorjahr 2005 verzeichneten die insgesamt sechs Berufsrichter am Arbeitsgericht noch 4216 Eingänge, das entsprach einem Rückgang von elf Prozent. Vier Fünftel aller Prozesse indes hätten weiterhin eine Bearbeitungsdauer von etwa sechs Monaten vom Eingang der Klage bis zur Erledigung gehabt, das habe auch mit der komplexen Materie des Arbeitsrechts zu tun.
Insgesamt 60 Prozent aller der Verfahren konnten von den Arbeitsrichtern schon im Gütetermin oder später im Hauptverfahren mit einem Vergleich beendet werden. Walter Klingebiel ist stolz auf diese Quote, die nun seit Jahren auf unverändert hohem Level liegt: »Unser Auftrag ist die friedensstiftende Konfliktlösung; es ist gut, dass das immer wieder gut gelingt.« Anteil daran hätten im übrigen auch hervorragende Rechtsanwälte und die engagierten ehrenamtlichen Richter, die sehr gut in den Kammern mitarbeiteten.
Grundsätzlich sei die friedensstifte Moderation der Grundbestandteil des Arbeitsrechts. Die in der freiwilligen Gerichtsbarkeit geplante Mediation werde von Arbeitsrechtlern sei jeher gepflegt, denn das Arbeitsrecht sei »eine lebendige Materie«. Neben den Vergleichen wurden weitere zehn Prozent aller Verfahren durch ein streitiges Urteil erledigt. Von diesen Verfahren gingen im vergangenen Jahr 60 Prozent in die zweite Instanz zum Landesarbeitsgericht Hamm und dort endete wiederum »ein hoher Anteil durch einen Vergleich«. Der Rest der Prozesse vor dem Arbeitsgericht Bielefeld endete mit Klagerücknahmen, Versäumnisurteilen oder Anerkenntnissen.
Schwerpunkte der Arbeit des vergangenen Jahres war einmal mehr das sogenannte »kollektive Arbeitsrecht«, das zumeist durch Betriebsratswahlen in 2006 geprägt war. Es habe, so Walter Klingebiel, »eine Vielzahl von Anfechtungen« gegeben, die sich auf Verstöße der Wahlverfahren der Mitarbeitervertretungen bezogen.
Des weiteren befassen sich die sechs Kammern immer häufiger mit den Inhaltskontrollen von Arbeitsverträgen. Sehr häufig entsprächen vertragliche Regelungen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern nicht den gesetzlichen Vorschriften, bemängelte der Direktor des Arbeitsgerichts, nicht selten seien Verträge sittenwidrig. Ausschlussfristen, in denen Forderungen reklamiert werden können, seien vielfach falsch bemessen. Seit 2002 gebe es im Arbeitsrecht das »Schuldrechtsmodernisierungsgesetz«, das solche Fälle auch für zuvor abgeschlossene Arbeitsverträge normiert. Um einen kostspieligen Prozess zu vermeiden, appelliert Walter Klingebiel: »Bei der Einstellung von Mitarbeitern sollten klare, nachvollziehbare Verträge geschlossen werden. Im Zweifelsfall sollte ein versierter Arbeitsrechtler hinzugezogen werden.«

Artikel vom 23.01.2007