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Die Erfolgsgeschichte wird weitergehen

Karl-Heinz Stiller verlässt am kommenden Montag die Kommandobrücke bei Wincor Nixdorf

Paderborn (WB). Geht das gut? haben sich viele gefragt, als vor sieben Jahren aus Siemens Nixdorf »Wincor Nixdorf« wurde. Das es sogar bestens lief, daran hat Vorstandschef Karl-Heinz Stiller riesigen Anteil. Am Montag verlässt er die Kommandobrücke. Mit ihm sprach Bernhard Hertlein.
So begann es: Vor sieben Jahren haben sich die 130 führenden Manager der Wincor Nixdorf AG auf die Kernziele des sich vom Siemens-Konzern lösenden neuen Unternehmens verpflichtet. Diese Ziele -Êzum Beispiel Eigentümer-, Kunden-, Mitarbeiterzufriedenheit - wurden auf Leinwand aufgetragen und von allen unterschrieben. Kleinere Kopien stehen seitdem in vielen Büros -Êauch bei Karl-Heinz Stiller. Foto: Wolfram Brucks

Herr Stiller, im Gegensatz zu so manchem Politiker haben Sie für Ihren Abschied aus dem operativen Geschäft einen Zeitpunkt gewählt, da die meisten ihn bedauern. Wie schwer fällt Ihnen dieser Schritt?Stiller: Eigentlich sah mein Lebensplan vor, dass ich schon vor zwei Jahren den Platz für einen Jüngeren räumen wollte. Doch dann ging Wincor Nixdorf an die Börse. Der Kapitalmarkt hätte kein Verständnis dafür gehabt, dass sich der Vorstandsvorsitzende gerade zu diesem Zeitpunkt verabschiedet. Jetzt allerdings ist das Unternehmen so aufgestellt, dass die Erfolgsgeschichte auch ohne mich weitergehen wird.

Haben Sie die unternehmerischen Ziele alle erreicht?Stiller: Als Wincor Nixdorf vor sieben Jahren an den Start ging, setzten wir uns einen Umsatz von zwei Milliarden Euro und eine Rendite von sieben Prozent zum Ziel. Das Unternehmen sollte global aufgestellt und Marktführer werden. Als neue Einheit wollten wir zusätzlich das Servicegeschäft aufbauen. Die meisten Ziele haben wir erreicht. Dazu hat Wincor Nixdorf seit der Gründung und damit zum siebten Mal in Folge Jahr für Jahr Umsatz und Ergebnis verbessert. Wir haben Arbeitsplätze gesichert und viele zusätzliche geschaffen. Ich glaube, wir können zufrieden sein.

Keine Wehmut?Stiller: Doch sicher. So viele Jahre streicht man nicht einfach ab wie einen abgetragenen Mantel. Mir hat die Arbeit mit unseren Kunden und mit der Belegschaft sehr viel Spaß gemacht.

Die gerade beschriebene Umsatz-, Mitarbeiter- und Ertragsentwicklung haben Ihnen hohen Respekt nicht nur bei den Aktionären, sondern auch bei den Arbeitnehmern eingetragen. Trotzdem gab es Widerstand, als Sie die Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich erhöhen wollten. Hat Sie das getroffen?Stiller: Mit Widerstand hatte ich gerechnet. Motiviert hat mich die große Zahl derer, die Einsicht in das Notwendige gezeigt haben. Es ist schließlich etwas Anderes, ob wir mit Schwaney oder auf einem offenen Weltmarkt mit Schanghai konkurrieren. Die Sicherung der 2100 Arbeitsplätze in Paderborn einschließlich der 200, die wir hier neu geschaffen haben, wären ohne diese Einigung nicht möglich gewesen.

Welche Tipps geben Sie Ihrem Nachfolger?Stiller: Ungefragt überhaupt keinen. Die Mannschaft ist kreativ genug, allein den richtigen Weg zu finden, und braucht keine graue Eminenz im Hintergrund, die glaubt, alles besser zu wissen. Wenn man mich fragt, werde ich allerdings meinen Rat geben -Êaber nicht öffentlich.

Am 29. Januar wird auch der bisherige Aufsichtsratsvorsitzende, KKR-Repräsentant Johannes Huth, ausscheiden. Hat Sie die »Heuschrecken«-Diskussion manchmal geärgert?Stiller: Über die generelle Verurteilung von Private Equity in Deutschland haben wir uns sogar sehr geärgert. Sicher gibt es Fälle, die negativ gelaufen sind und für die der Name »Heuschrecken« sogar berechtigt ist. Aber dass der jetzige Vizekanzler und Erfinder des Begriffs Heuschrecke, Franz Müntefering, Wincor Nixdorf dabei an erster Stelle genannt hat, zeugt davon, wie schlecht informiert er war. Natürlich kauft KKR Unternehmen, um deren Wert zu erhöhen und dann Profit einzustreichen. Das geschah in unserem Fall sehr nüchtern und sehr realistisch -Êmit klar formulierten Zielen. Johannes Huth, den Vertreter von KKR, habe ich stets als absolut verlässlichen und berechenbaren Menschen erlebt, der zu dem steht, was er sagt.

Voraussichtlich wird Sie der Aufsichtsrat als Nachfolger Huths zum Vorsitzenden wählen. Es gibt Politiker, die den direkten Wechsel vom Vorstands- in den Aufsichtsratsvorsitz künftig gesetzlich verhindern wollen. Was sagen Sie diesen Politikern?Stiller: Ich sage hier wie schon in anderem Zusammenhang, dass sich die Politik aus der Gestaltung von Unternehmen weitestgehend heraushalten soll. Die Aktionäre wissen selbst am besten, welche Lösung ihren und den Interessen des Unternehmens entspricht.
Was mich persönlich betrifft, so gehöre ich nicht zu denen, die nicht loslassen können. Ich war tatsächlich in Zweifel und habe ernsthaft überlegt, ob ich mich für das Amt des Aufsichtsratsvorsitzenden zur Verfügung stellen soll. Den Ausschlag gab, dass Aufsichtsrat und Management beide und einstimmig, also inklusive Arbeitnehmervertretung, den Wunsch an mich herangetragen haben. Wäre es anders gewesen, stünde ich nicht zur Verfügung.
Ich werde auf keinen Fall ins operative Geschäft eingreifen. Aber auch das Management hat mir gesagt, dass es auf die weitere Zusammenarbeit mit mir auch im Sinne von Kontinuität Wert legt.

Werden Sie sich weiter im Stadtmarketing für Paderborn engagieren?Stiller: Na klar. Die Kampagne »Paderborn überzeugt« ist schließlich auch ein bisschen mein Baby. Mein Engagement in der OWL-Marketing GmbH und die Vorstandsarbeit im Arbeitgeberverband werde ich ebenfalls weiterführen. Als besonders wichtig für Paderborn sehe ich zum Beispiel die »Zukunftsmeile Fürstenweg«. Hier hat sich vor allem die Universität Paderborn vorgenommen, die Kompetenz der Stadt in Sachen Informationstechnologie und Mechatronic zu steigern. Diese Bereiche sind für ganz OWL von entscheidender strategischer Bedeutung, wenn wir nicht abgehängt werden wollen. Sie sind auch für Wincor Nixdorf und andere Unternehmen von großer Wichtigkeit, um in Zukunft keinen Fachkräftemangel entstehen zu lassen.

Es gibt also trotz Ruhestand noch viel für Sie zu tun. Wäre Ihr Vorbild Heinz Nixdorf, wenn er noch lebte, mit der Entwicklung von Wincor und Paderborn zufrieden?Stiller: Region und Stadt lagen ihm stets am Herzen. Also arbeiten wir in seinem Sinne. Ich glaube, dass wir auf das Erreichte stolz sein können.

Artikel vom 23.01.2007