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Rufschädigung:
Patientin muss
an Arzt zahlen

Mediziner zu Unrecht angezeigt

Von Christian Althoff
Bielefeld (WB). Das Amtsgericht Bielefeld hat eine Patientin der Städtischen Kliniken verurteilt, dem Chefarzt Prof. Mathias Löhnert Schadensersatz zu zahlen. Sie habe den Arzt durch eine unberechtigte Anzeige in seiner Berufsehre verletzt und müsse die Anwaltskosten tragen, die ihm entstanden seien, heißt es in dem Urteil.
Verunglimpft: Chefarzt
Prof. Mathias Löhnert.

Die Akademikerin hatte sich mit Unterleibsschmerzen im Vorzimmer des Chefarztes gemeldet. Obwohl sie gesetzlich krankenversichert war und kein Anspruch auf Chefarztbehandlung bestand, hatte der Mediziner sie in der Privatsprechstunde untersucht und den Verdacht auf eine Darmerkrankung geäußert. Eine weiteren Untersuchungen lehnte die Frau jedoch ab und verließ die Klinik.
Eine Woche später meldete sich die Frau erneut mit Beschwerden in der Städtischen Klinik Rosenhöhe, diesmal in der Notaufnahme. Der Chirurg konnte eine lebensbedrohende Darmerkrankung nicht ausschließen und wollte die Frau röntgen lassen. Dies lehnte die 49-Jährige mit dem Hinweis ab, sie sei möglicherweise schwanger. Auch das negative Ergebnis eines sofort durchgeführten Schwangerschaftstests konnte die Patientin nicht dazu bewegen, sich radiologisch untersuchen zu lassen. »Ich will vom Chef behandelt werden!«, forderte sie stattdessen.
Prof. Löhnert stand allerdings am OP-Tisch. Als die Patientin immer lauter »den Chef« verlangte, wurde Löhnert informiert und schickte einen Oberarzt zu der Frau. Auch dieser riet zu einer Röntgenuntersuchung, was die Patientin aber weiterhin ablehnte. Sie wurde gebeten, sich zu gedulden, bis der Chefarzt aus dem OP komme. Doch die Frau suchte ein anderes Bielefelder Krankenhaus auf. Dort ließ sie die bereits in der Rosenhöhe vorgeschlagenen Untersuchungen durchführen.
Monate später erstattete die Frau Anzeige wegen unterlassener Hilfeleistung gegen Prof. Löhnert. Das Amtsgericht ordnete die Durchsuchung der Klinik sowie die Sicherstellung der Patientenunterlagen an. Zuvor hatte sich die Frau bereits mit Beschwerdebriefen an die Geschäftsführung der Klinik sowie an die Ärztekammer gewandt. Sie sei trotz schwerer Erkrankung innerhalb mehrerer Stunden nicht untersucht oder behandelt worden, schrieb sie.
Rechtsanwalt Michael Fischer (Kanzlei Fischer Welling), Medizinrechtler aus Bielefeld, hat den Chefarzt strafrechtlich und zivilrechtlich vertreten. »Nicht nur im Krankenhaus brodelte die Gerüchteküche. Mein Mandant wurde sogar von Kollegen aus anderen Bundesländern angesprochen, was er denn getan habe!«, sagte Fischer. Nach anwaltlicher Einlassung und Auswertung der Patientenakte stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen erwiesener Unschuld ein. Fischer: »Trotz der Rufschädigung meines Mandanten haben wir von einer Anzeige abgesehen.« Die Anwaltskosten, die dem Arzt entstanden waren, klagte er jedoch ein - mit Erfolg. Das Amtsgericht verurteilte die Frau, dem Arzt 4258 Euro zu erstatten.
Im Urteil heißt es, prinzipiell könne eine Strafanzeige auch eine subjektiv falsche Wertung enthalten, ohne dass das Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten verletzt werde. »Die bewusst unwahre Schilderung« von Tatsachen sei dagegen nicht vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt und könne eine Verleumdung darstellen. »Wir wissen bis heute nicht, was in die Frau gefahren ist«, sagt Anwalt Fischer. Az.: 4 C 498/05

Artikel vom 31.01.2007