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Polizist wirft
Anzeige weg

Geldstrafe und Disziplinarverfahren

Von Christian Althoff
Bünde (WB). Ein Polizeibeamter aus Bünde (Kreis Herford) hat eine Anzeige gegen einen Autofahrer verschwinden lassen und behördeninterne Unterlagen entsprechend gefälscht. Über sein Motiv ist bislang nichts bekanntgeworden.

Rainer Koch, der Sprecher der Kreispolizei Herford, bestätigte gestern den Vorfall. »Der Beamte ist wegen dieser Sache bereits strafrechtlich zur Verantwortung gezogen worden. Jetzt läuft ein Disziplinarverfahren gegen ihn.«
Der Polizist hatte gemeinsam mit einer Kollegin beobachtet, wie ein Autofahrer in Bünde trotz roter Ampel über eine Kreuzung gefahren war. Der Polizist schrieb eine Anzeige, die für den Autofahrer mindestens ein Bußgeld von 50 Euro und drei Punkte bedeutet hätte. Außerdem trug der Polizist das Anfertigen der Anzeige in eine Liste (den sogenannten Streifenbeleg) ein, in der er und seine Kollegin ihre Einsätze und Maßnahmen dokumentieren mussten. Diese Liste war bereits zu Schichtbeginn von beiden Beamten blanko unterschrieben worden.
Stunden später war der Autofahrer auf der Wache erschienen. Nach einem kurzen Gespräch holte der Polizist die Anzeige aus dem Ausgangskorb, zerriss sie und warf sie in den Mülleimer. Dann stellte er dem Autofahrer eine gebührenpflichtige Verwarnung aus - 15 Euro für eine »Rotlichtfahrt in Verbindung mit Gelblicht«. Anschließend warf der Polizist auch den Streifenbefehl in den Müll und füllte einen neuen aus, auf dem die Rotlicht-Anzeige nicht mehr auftauchte. Unter das Formular setzte der Polizist seine Unterschrift und fälschte die seiner Kollegin.
Die Sache flog auf, und die Staatsanwaltschaft Bielefeld klagte den Polizisten wegen Urkundenunterdrückung und Urkundenfälschung an. Das Amtsgericht Bünde verurteilte den Polizisten zu einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen von jeweils 70 Euro, also insgesamt 4200 Euro. Rainer Koch: »Gegen dieses Urteil ist der Beamte in Revision gegangen, doch das Oberlandesgericht hat den Spruch des Amtsgerichtes jetzt im Wesentlichen bestätigt.« In welcher Beziehung der Polizist zu dem Autofahrer gestanden hatte, wollte Koch nicht sagen.
Auch zu dem Motiv des Polizisten machte er keine Angaben. »Solange das Disziplinarverfahren läuft, äußern wir uns nicht zu Details.« Rainer Koch bestätigte lediglich, dass der Polizist von Bünde nach Herford versetzt worden ist. Der Mann soll zuvor noch nicht strafrechtlich in Erscheinung getreten sein.
In Justizkreisen hieß es gestern, in einem Fall wie diesem könnten die Sanktionen im Disziplinarverfahren bis zur Entfernung aus dem Dienst reichen. Dabei spiele es keine Rolle, dass der Beamte »nur« zu einer Geldstrafe verurteilt worden sei.

Artikel vom 23.01.2007