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Der stille Mann für schwere Fälle

Seit 1983 verhalf Klaus Waldschmidt 150 Jugendlichen zur Ausbildung

Von Reinhard Brockmann
Herford (WB). »Nennen Sie meinen Namen weiter unten in Ihrem Bericht«, sagt Klaus Waldschmidt, der Erfinder und stille Fast-allein-Betreiber des »Solidaritätsfonds Jugendarbeitslosigkeit, Dekanat Herford-Minden e.V.«.

Bis zu zwölf Stunden ist der 69-Jährige an manchen Tagen unterwegs, um benachteiligten Jugendlichen zu einer Ausbildungsstelle zu verhelfen. Dabei ist der Unruheständler mit dem gewinnenden Lächeln mehr als einer der viel zitierten »Trüffelsucher«, die die Jobcenter erst in jüngster Zeit auf die Reise durch die Region schicken.
Seit 1983 hat Waldschmidt 150 jungen Leuten helfen können. Und dabei geht es um mehr, als nur einen guten Tipp für eine aussichtsreiche Bewerbung. Die kräftige Bezuschussung der Ausbildungskosten bis zu 70 Prozent zählt ebenso dazu, wie die Betreuung der aktuell 39 Auszubildenden in 22 verschiedenen Berufen. Waldschmidt besucht zweimal im Jahr »seine« Betriebe. »Hiermit beteilige ich mich an der Finanzierung eines Ausbildungsverhältnisses für einen arbeitslosen Jugendlichen« steht auf der »Ausbildungs-Aktie«, mit der Waldschmidt außderm Klinkenputzen geht. Wo eben möglich, wirbt er Spenden ein. Denn neben der Bezuschussung von kirchlicher Seite, kommt es ihm auf den Eigenanteil an.
Im November wurde unter dem Dach der Caritas die unselbständige Stiftung »Solidaritätsfonds Jugendarbeitslosigkeit« gegründet. Der angestrebte Grundkapital von 50 000 Euro ist etwa zu Hälfte erreicht, aber die eigene Starteinlage von 12 500 Euro schon mehr als verdoppelt. Das macht dem Mutmacher selber Mut. »Wir könnten den Grundstock 2008 schaffen«, sagt Waldschmidt, der sein Lebenswerk zukunftsfest wissen möchte. Die Form der Treuhandstiftung unter dem Dach der Caritas-Stiftung bietet dem Verein alle Vorteile dieser neuen Rechtsform, zugleich erspart sie ihm viel Verwaltungsarbeit.
Der Herforder ist ein Mann der Nächstenliebe und für schwere Fälle. Jugendlichen aus benachteiligten Familien, aus Zuwanderermilieus, mit Lernschwierigkeiten oder ersten Drogenproblemen widmet er sich ganz gezielt. Ohne ihn hätten sie null Chance. Für den Katholiken gilt Matthäus 25, Vers 40: »Was ihr für einen meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan.«
Die Kontakte kommen meist aus den Kirchengemeinden, aber allenfalls zehn Prozent der Kandidaten sind auch katholisch. Entscheidender war für Waldschmidt ein Aufruf der früheren Paderborner Erzbischofs Johannes-Joachim Kardinal Degenhardt, der nach den großen Zechenschließungen, die Arbeitswelt zum Schwerpunkt machte. Irgendwann sei er das Wehklagen ohne Handeln leid gewesen: »Da bin ich mal laut geworden.«
Aktuell betreut Waldschmidt 24 Auszubildende im Dekanat Herford-Minden, 13 in Bielefeld-Lippe und je einen in Höxter und Rietberg-Wiedenbrück. Und warum gibt es die gute Sache nicht anderswo im Erzbistum? »Ich lade überall zum Abkupfern ein«, sagt Waldschmidt. Nachahmer habe er allerdings noch nicht gefunden, obwohl es für ihn nichts Schöneres gäbe.
Derzeit geht es darum, die Kirchengemeinden auf den Ausbildungssonntag Anfang Mai einzustimmen.
In Herford, Minden und Lippe gelingt das schon recht gut. Jetzt gibt es leise Hoffnung, dass die Bielefelder Kirchen auch dabei sein könnten. »Das wäre eine schöne Hilfe«, sagt Waldschmidt und betont, dass die Kollekte an einem solchen Sonntag nicht einmal das Entscheidende ist. Ihm sei wichtig, dass sich die Kirchgänger an einem Sonntag im Jahr dem Thema Jugendarbeitslosigkeit gestellt und Fürbitten gesprochen haben. Mitfühlen und Geben für eine Mut machende Sache seien dann von selbst eine Einheit.

Artikel vom 27.01.2007