22.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Kraniche ziehen nach Norden

Der milde Winter bringt den Vogelkalender gründlich durcheinander

Hamburg (dpa). Der extrem milde Winter bringt den Vogelkalender gründlich durcheinander. Während die Temperaturen bislang 6,5 Grad Celsius über dem vieljährigen Durchschnitt liegen, sind Ringeltauben schon bei Balzflügen zu sehen.

Kraniche und Gänse ziehen unterdessen nach Norden und Nordosten, Amseln, Stare, Meisen und Rotkehlchen singen von Nord bis Süd. »Dieser warme Herbst und Winter brachte außergewöhnliche Vogelbeobachtungen, die deutliche Hinweise auf den Klimawandel geben«, sagt Knut Jeromin von der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Schleswig-Holstein.
Wie andere Vogelarten auch, so verzichten Zehntausende von Kiebitzen und Goldregenpfeifern Energie sparend auf den Zug nach Süden und rasten noch hinter den Deichen an der Nordseeküste von Nordfriesland bis Dithmarschen. Wie im Norden, so werden auch in NRW oder Hessen noch Feldlerchen, Bachstelzen, Mönchsgrasmücken, Zilpzalpe und Hausrotschwänze gesehen. Mit der milden Witterung kann auch ein Zuwanderer aus Südosteuropa gut leben: Seit einigen Jahren zunehmend auftauchende Silberreiher halten sich jetzt noch an Elbe und an Seen und Flüssen im mittleren Deutschland auf. Nach Ansicht von Markus Nipkow vom Naturschutzbund NABU haben noch nie so viele Zugvögel ihre Reise verkürzt wie in diesem Winter.
Nicht nur, dass einige tausend Kraniche, statt nach Südspanien zu fliegen, nun in Mecklenburg-Vorpommern überwintern. Im späten Dezember zogen einzelne Trupps auch schon wieder nach Norden und Nordosten, wie Jeromin im neuen Bericht der Vogelbeobachter des nördlichsten Bundeslandes auflistet. Sonst vielerorts zu sehende nordische Gäste wie der Seidenschwanz sind bisher rar. Sie finden im ebenfalls viel zu milden Skandinavien und nördlichen Russland genügend Nahrung.
Gerade an der sonst im Winter so rauen Westküste zählten Ornithologen zu Jahresbeginn noch bis zu 80 Vogelarten. In strengen oder normalen Wintern sind es an der ohnehin klimatisch etwas wärmeren Küste nur zwischen 25 und 50 Spezies. Bereits im überdurchschnittlich warmen Spätsommer und Herbst passten sich einige Arten an die sich verändernden klimatischen Gegebenheiten an.

Artikel vom 22.01.2007