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Eine Gemeinde zeigt großen Sportsgeist

Trotz finanzieller Probleme werden im lippischen Schlangen Anlagen erweitert und modernisiert

Von Maike Stahl
Schlangen (WB). Seit 2003 kann die Gemeinde Schlangen (Kreis Lippe) wie so viele andere Kommunen in NRW ihren Haushalt nicht mehr ausgleichen. Seit einem Jahr vermag sie nicht einmal mehr die Vorgaben des Haushaltssicherungskonzeptes zu erfüllen. Dennoch wird in Schlangen gebaut, werden die Sportanlagen erweitert und modernisiert.

Möglich wurde dieses durch Kreativität, eine gehörige Portion Mut und ein geradezu unglaubliches bürgerschaftliches Engagement.
Bis Anfang des vergangenen Jahres verfügte die Gemeinde Schlangen in ihren drei Ortsteilen über drei Rasenplätze sowie einen Aschenplatz. Der Unterhaltungsaufwand war immens, einer der drei Rasenplätze dringend sanierungsbedürftig. Auch die Hallensportler klagten über mangelnde Kapazitäten. Denn das Land Nordrhein-Westfalen hat der 9000-Einwohner-Gemeinde 2002 nicht umsonst den Titel »sportgerechte Stadt« verliehen. Die drei großen Sportvereinen und ein Fußballverein zählen insgesamt mehr als 3000 Mitglieder.
Und die fassen kräftig mit an, um den Traum moderner und erweiterter Sportstätten in der klammen Gemeinde finanzierbar zu machen. Bisher wurde der Aschenplatz in einen modernen Kunstrasenplatz umgewandelt, zusätzlich wird nebenan ein Trainingsfeld geschaffen. Es entstehen eine neue Zuwegung, ein neues Sporthaus und Außenkabinen mit entsprechenden sanitären Anlagen. Die benachbarte Zweifachturnhalle wird um eine Gymnastikhalle und ein geräumiges Foyer erweitert. Auch in den beiden Ortsteilen entstehen Trainingsplätze. Geschätzte Kosten: eine Million Euro - keine Kleinigkeit bei einem Haushaltsvolumen von etwa 16 Millionen Euro und einem für 2006 veranschlagten Defizit von 1,7 Millionen Euro.
Doch jetzt kommt die Kreativität ins Spiel: Denn der modernisierungsbedürftigste Rasenplatz wird aufgegeben. Dort - im Herzen von Schlangen - sollen 22 Bauplätze entstehen, deren Verkaufserlös in das Sportstättenkonzept fließen wird. »Wir haben schon sehr zurückhaltend gerechnet. Normalerweise müsste, auch wenn man die Erschließungskosten abzieht, sogar ein bisschen übrig bleiben«, erläutert Bürgermeister Thorsten Paulussen das Schlänger Modell. Die Zwischenfinanzierung über weitere Kredite hat Anfang vergangenen Jahres den Segen des Düsseldorfer Finanzministeriums erhalten. Schließlich soll die Modernisierung künftig den Haushalt entlasten, weil die Unterhaltungskosten reduziert werden können.
Die Kalkulation der Verwaltung beinhaltet allerdings auch Eigenleistung in beträchtlichem Maße, sowohl jetzt beim Bau, als auch später bei der Unterhaltung. Wenn die Ehrenamtlichen nicht mit anfassen würden, hätten die Gesamtkosten zwischen 150 000 und 200 000 Euro höher gelegen, schätzt Bauleiter Michael Weber. Doch den Innenausbau des neuen Sportheims sowie des Foyers in der Halle übernehmen die Sportler in Eigenregie. Sie haben das alte Pflaster aufgenommen, verklinkern Sporthaus und Anbau und sind auch sonst zur Stelle, wenn helfende Hände gebraucht werden. Unterstützung beim Pflastern gab es im vergangenen Jahr zudem durch ABM-Kräfte und den gemeindlichen Bauhof.
Ulrich Knorr, Vorsitzender des mit 1500 Mitgliedern größten Sportvereins VfL Schlangen, beschreibt die Motivation der vielen Helfer so: »Die Sportler sehen auch, dass es in dieser Zeit etwas ganz besonderes ist, die Sportstätten so renoviert zu bekommen. Sie identifizieren sich mit der Sache und deshalb sind bis jetzt bei den Arbeitseinsätzen auch immer genügend Freiwillige dabei gewesen.« Bodo Kibgies, Vorsitzender des Fußballvereins Fortuna Schlangen, hat darüber hinaus festgestellt, dass die gemeinsamen Arbeitseinsätze auch positive Effekte auf den Zusammenhalt im Verein gezeigt hätten.
Für Schlangens Bürgermeister Thorsten Paulussen ist das ganze Projekt eine runde Sache. Besonders erfreut ist er über die reibungslose Zusammenarbeit und das nach wie vor ungebrochene Engagement seitens der Vereine. »Auch wenn die Ehrenamtlichen einen erheblichen Teil zur Umsetzung beitragen, darf man nicht vergessen, dass zum Großteil die heimische Wirtschaft von den Maßnahmen profitiert«, freut er sich, dass das ehrgeizige Projekt trotz der schlechten finanziellen Vorzeichen in diesem Jahr abgeschlossen werden kann.

Artikel vom 27.01.2007