20.01.2007 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Betreten der Wälder verboten

Lebensgefahr für Spaziergänger - Kiefern begruben Holzhäuser unter sich

Von Wolfgang Schäffer
und unseren Lokalredaktionen
Bielefeld/Paderborn (WB). Die Forstämter der Regionhaben das Betreten der Wälder vorerst verboten. Nach dem Orkan »Kyrill« besteht Lebensgefahr.

Entwurzelte Bäume oder abgebrochene Äste könnten noch immer zu Boden stürzen und Menschen unter sich begraben. »Wer jetzt im Wald spazieren geht, macht das auf eigene Gefahr«, heißt es. Selbst Bußgelder sind bei einem Verstoß und erwiesener grober Fahrlässigkeit möglich. Nach ersten Schätzungen hat »Kyrill« in Nordrhein-Westfalen Wald im Umfang von drei Millionen Kubikmeter Holz beschädigt. Das entspricht dem Einschlag eines ganzen Jahres in NRW. Womöglich sei der Schaden noch größer. Genaue Zahlen gebe es noch nicht. Es werde aber sicherlich ein bis zwei Jahre dauern, bis alle Schäden und Folgeschäden behoben seien. Die Priorität liege derzeit dabei, Straßen und Wege von Bäumen und Ästen zu befreien.
Wie gefährliche umstürzende Bäume sein können haben in der Nacht zum Freitag die Bewohner des Wohnparks Lippling in Delbrück (Kreis Paderborn) zu spüren bekommen.
Wie Streichhölzer knickte dutzendweise mächtige Kiefern ab oder wurden komplett aus dem Boden gerissen und stürzten auf die meisten der 120 Holzhäuser. Verletzt wurde niemand. Besonders arg wurde aber die junge Familie Marin gebeutelt: Eine riesige Kiefer begrub das Auto von Toby (33) und Iyonne Marin (24), Mia-Michelle (3) und Toby-Elias (1) mitsamt Carport unter sich. »Der Orkan schüttelte das ganze Haus durch. Wir hatten das Gefühl auf einem Schiff zu sein«, sagt die junge Mutter. Der Wurzelballen der Kiefer verlief unter dem »Nur-Dach-Haus« der Familie Marin und hob dieses an. »Mein Mann versuchte unseren Nachbarn zu helfen, doch als wir das Auto rausfahren wollten, war es zu spät. Die Wege waren blockiert. Wir saßen in der Falle«, erzählt Iyonne Marin.
Einen tierischen Einsatz hatten die Helfer in Bad Salzuflen (Kreis Lippe). Auf gleich drei Höfen dort und einem Hof in Kalletal war der Strom ausgefallen. Auch die Melkmaschinen konnten somit nicht mehr arbeiten. Die Rettungskräfte der Feuerwehr zögerten nicht lange und halfen den Landwirten beim Melken. Die Einsatz-Leitstelle des Kreises Lippe in Lemgo zählte 1000 Einsätze in der Sturmnacht. Zu Spitzenzeiten waren 2100 Rettungskräfte auf den Beinen.
Trauer herrscht im Tierpark Ströhen (Pr. Oldendorf/Kreis Minden-Lübbecke) über den Tod eines Affen. Das Tier konnte nicht mehr schnell genug flüchten, als ein Baum umfiel und wurde erschlagen. Schweren Sachschaden hat der Orkan auch im Zoo Hollywood- und Safaripark in Schloß Holte-Stukenbrock (Kreis Gütersloh) angerichtet. Parkchef Fritz Wurms beziffert ihn ersten Schätzungen zufolge auf etwa 100 000 bis 150 000 Euro. Etwa 100 Bäume sind abgeknickt oder vom Sturm gefällt wurden. Zäune mehrerer Gehege und das Dach des Winterstalls sind beschädigt worden. Nicht weit entfernt wurde das Dach des Firmengebäudes der Metallbearbeitung Schwarzer GmbH zum Großteil zerstört. Wasser drang in Büro-, Lager und Produktionsräume ein. Den Schaden schätzt Geschäftsführer Thorsten Schwarzer auf mindestens 100 000 Euro. Die Produktion ist nach Aufräumarbeiten am Freitag aber wieder in vollem Umfang angelaufen. Die Firma beschäftigt mehr als 30 Mitarbeiter.

Artikel vom 20.01.2007