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Huber hat im Rennen um den CSU-Vorsitz die Nase vorn

Konkurrent Horst Seehofer schließt eine Kampfkandidatur nicht aus

München/Berlin (dpa/Reuters). Im Rennen um den CSU-Vorsitz droht Parteivize Horst Seehofer eine Niederlage. Die CSU-Spitze favorisiert nach Informationen aus Parteikreisen Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber als Nachfolger von Edmund Stoiber an der Spitze der Partei.
Offenbar sieht eine Mehrheit in der CSU in dem Tandem Günter Beckstein (Mitte) und Erwin Huber (links) die ideale Nachfolgelösung für Edmund Stoiber, der am Donnerstag seinen Rückzug angekündigt hatte.

Die Tandemlösung mit Erwin Huber als Vorsitzendem und Innenminister Günther Beckstein als Ministerpräsident gilt vielen an der Parteibasis als bessere Lösung. Dennoch hielt Seehofer am Freitag seine Kandidatur aufrecht, signalisierte aber die Bereitschaft zu einer einvernehmlichen Lösung.
Am Nachmittag begann der scheidende Ministerpräsident Stoiber eine Serie von Gesprächen mit CSU-Spitzenpolitikern.
Seehofer will mit Stoiber erst am Wochenende unter vier Augen über seine Ambitionen auf die Parteispitze sprechen. Dies sagte seine Sprecherin Ulrike Hinrichs in Berlin. Stoiber wollte mit Seehofer aber bereits am Freitag telefonisch Kontakt halten. In Einzelgesprächen erörterte Stoiber am Freitag unter anderem mit Huber, Beckstein, CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer, Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann und Landtagspräsident Alois Glück die Lage.
Seehofer will notfalls in einer Kampfkandidatur gegen Huber antreten, gilt nach Berichten über sein Privatleben aber als angeschlagen. Er kündigte in mehreren Interviews an, in den nächsten Wochen und Monaten die Stimmung für sich an der Basis zu testen. Er plane dazu mehrere Auftritte in bayerischen Bierzelten. Er fügte hinzu: »Ich würde das Votum der Parteibasis nicht scheuen.« Huber, der am Donnerstag seine Kandidatur angemeldet hatte, bot seinem Konkurrenten unterdessen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit an. Nach Informationen der »Welt« soll Seehofer eine herausgehobene Stellung im Parteivorstand angeboten werden. Danach könnte für ihn die Stelle des »ersten Stellvertreters des Parteivorsitzenden« geschaffen werden.
In der CSU werden Seehofer geringe Chancen auf den Parteivorsitz eingeräumt. Mehrere Vorstandsmitglieder und Kreisvorsitzende bestätigten, dass eine Mehrheit die Tandemlösung mit Beckstein und Huber favorisiert.
Über die Nachfolge im Amt des Ministerpräsidenten sagte Landtags-Präsident Glück, zu Innenminister Beckstein gebe es keine Alternative. Mit Blick auf Forderungen von CSU-Bundestagsabgeordneten nach Mitsprache bei der Besetzung des Parteivorsitzes fügte Glück hinzu, die Berliner Parlamentarier spielten eine »ganz wesentliche Rolle«. »Ich erwarte dabei nicht größere Konflikte«, sagte er. Die CSU-Landesgruppe hatte am Donnerstag bereits deutlich gemacht, man werde aller Voraussicht nach die angestrebte Nachfolgeregelung mit der Doppelspitze Beckstein/Huber mittragen. Beckstein selbst forderte am Freitag Seehofer auf, auf eine Kandidatur zu verzichten: »Es wäre ein großes Signal der Geschlossenheit von Seehofer, wenn jetzt eine monatelange Diskussion um den Parteivorsitz vermieden würde.«
Die SPD in Bayern hält indessen an ihrer Forderung nach Neuwahlen fest. Zunächst soll am 30. Januar im Landtag der Antrag auf sofortigen Rücktritt von Stoiber als Ministerpräsident gestellt werden. Bei einem Scheitern werde die SPD einen Volksentscheid zur Auflösung des Landtags und Neuwahlen vorantreiben, teilte der SPD-Landesvorsitzende Ludwig Stiegler mit.
Die Landtags-Grünen sehen die CSU in den nächsten Monaten vor einem andauernden Machtkampf. Die Neun-Monatsfrist bis zum Abtritt Stoibers als Regierungschef sei »schädlich für Bayern«, sagte Fraktionschefin Margarete Bause. Mit Stoiber müsse im Herbst laut Verfassung das gesamte Kabinett zurücktreten. »Das heißt, dass innerhalb der nächsten Monate der Machtkampf auf der Ebene der Minister und derer, die es werden wollen, munter weitergeht«, sagte Bause. Die Messer seien bereits gewetzt.

Artikel vom 20.01.2007