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Tobias und Joel hören in der Disco immer genau hin

Oeynhausener Schüler legen CDs nicht einfach so auf

Von Jan Hirscher (Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Wenn Tobias Kramer und Joel Müller am Wochenende in die Disco gehen, hören sie ganz genau hin: Passt der Übergang zwischen den Liedern? Ist das ein Song, den wir noch nicht kennen? Den beiden entgeht nichts, sind sie doch selbst Discjockeys mit Leib und Seele. Die Schüler haben sogar eine eigene Sendung im Internetradio und wollen in Zukunft noch höher hinaus.

House-Musik ist die Leidenschaft von Joel Müller und Tobias Kramer - das Mixen ist für die beiden eine Kunst für sich. »House kam am Ende der siebziger Jahre auf. Die elektronische Musik entstand zunächst in Chicago«, erklärt Joel Müller. Dabei werden alle Stücke am Computer generiert, »echte« Instrumente brauchen die Musiker nicht, um ihr Publikum in Stimmung zu bringen. Die Schlagzeug-Rhythmen entstehen beispielsweise gleich am PC.
Doch mit dem Produzieren eigener Musik befassen sich die beiden Nachwuchs-DJs bisher nicht. »Das ist noch viel zu kompliziert«, gibt Tobias Kramer zu bedenken, der trotzdem schon einmal den ein oder anderen Versuch in dieser Richtung gewagt hat. Diese seien jedoch nichts gewesen, was er in der Öffentlichkeit spielen würde, sagt er.
Stattdessen widmen sich die beiden dem Auflegen. »Die Kunst ist der richtige Übergang«, erklären sie einstimmig. Bei Popmusik sei der Übergang zwischen zwei Liedern beispielsweise nur ungefähr fünf Sekunden lang - ein enormer Unterschied. »Bei House-Musik dauert der Übergang ungefähr eine Minute. Dabei müssen die beiden Lieder so übereinander gelegt werden, dass die Leute glauben, es wäre nur ein einziges Stück«, sagt Joel Müller. Dafür müssen sie zum Beispiel die Geschwindigkeit zweier Lieder aneinander anpassen.
Seit etwas mehr als einem Jahr sind Joel Müller und Tobias Kramer im DJ-Geschäft dabei. Zunächst müssen sie sich jedoch in der Szene einen Namen machen. Und bevor es losgehen konnte, brauchten beide ihr eigenes Equipment: Mindestens zwei Plattenspieler oder CD-Player, Mischpult und Kopfhörer gehören zur Grundausstattung. »Das ist aber alles speziell auf DJs zugeschnitten. Der Plattenspieler hat zum Beispiel eine besondere Nadel, damit beim ÝScratchenÜ nichts kaputt geht«, so Tobias Kramer.
Der Bergkirchener steht jeden Tag mindestens eine Stunde an seinem Mischpult im Keller, Joel Müller ähnlich oft. »Das ist dann schon lauter als Zimmerlautstärke, aber bisher hat sich noch keiner beschwert«, sagt Tobias Kramer.
Zusammen mit einem DJ-Freund aus Hille legen die beiden Oeynhausener einmal im Monat im Internet auf. »House Flavour« nennen die drei ihre Radiosendung. Auf dem Sender läuft den ganzen Tag House-Musik. Internetanschluss und DSL genügen, um dort selbst auflegen zu können. Außerdem hat Tobias Kramer sogar Disco-Erfahrung gesammelt. Schon fünf Mal brachte er das »PW« in Porta Westfalica in Feierlaune. »Das ist schon ein tolles Gefühl, wenn die Leute zur eigenen Musik tanzen und es ihnen gefällt«, sagt er.
»Die meisten DJs können sich durch ihren Lohn neue Sachen anschaffen. So weit sind wir noch nicht«, erklärt Joel Müller. Zunächst müssen die DJs Ausrüstung und mehr als 100 Platten selbst finanzieren. So sind die beiden Zwölftklässler des Immanuel-Kant-Gymnasiums zunächst noch auf Geschenke und Nebenjobs angewiesen.

Artikel vom 20.01.2007