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»Kyrill« hinterlässt Verwüstung

Feuerwehr fährt 114 Einsätze - 22-jähriger Caravan-Fahrer stürzt Abhang hinunter

Von Maren Waltemode. Kerstin Sewöster, und Lisa de Boer
Spenge (SN). »So etwas habe ich noch nicht erlebt«, bewertet Feuerwehr-Chef Norbert Ewering das Sturmtief »Kyrill«. Im gesamten Stadtgebiet begannen Freitag die Aufräumarbeiten nach dem Sturm.

Mit leichten Verletzungen kam ein 22-Jähriger aus Melle davon, der laut Polizei in seinem VW-Bus auf der Meller Straße in Spenge einem umgeknickten Baum ausweichen musste und kurz vor der Brücke über die Warmenau einen zehn Meter tiefen Abhang herunterstürzte.
Die Bilanz des Orkans lässt auch Spenges Feuerwehr-Chef Norbert Ewering nicht unberührt: »Es gab keinen Personenschaden, aber einen Sturm in dieser Heftigkeit habe ich noch nie erlebt. Insgesamt 114 Mal rückten die Wehren Spenge-Mitte, Lenzinghausen, Hücker-Aschen und Bardüttingdorf von Donnerstag bis Freitag gegen 13.30 Uhr aus, 22 Einsätze davon fielen auf die Aufräumarbeiten am Freitag.
In der Nacht zu Freitag waren bis vier Uhr 109 Feuerwehrleute im Einsatz. »Überwiegend hatten wir mit Windbrüchen und überfluteten Kellern zu tun.« Drei Straßen sperrte die Wehr im Stadtgebiet: die Diemker Straße, die Ohsener Straße und die Mühlenburger Straße. Mittlerweile sind alle Straßen wieder befahrbar. In einem Wäldchen »im Ellern« an der Mühlenburger Straße waren drei Bäume umgestürzt und hatten einen PKW unter sich begraben. Personen sind laut Feuerwehr nicht verletzt worden. Am Freitag befreiten die Löschzüge Lenzinghausen und Spenge-Mitte die Straße mit Traktor und Seilwinde von den Stämmen. Geäst, das sich in der Krone eines angrenzenden Baumes verfangen hatte, wurde mit Hilfe einer Drehleiter entfernt.
Etwa 400 Sandsäcke verteilten die Rettungskräfte im Stadtgebiet, unter anderem am Restaurant »Moorstübchen« am Hücker Moor. Dort drohte das Wasser in das Gebäude einzudringen, der Platz, auf dem im Sommer Biergartentische stehen, wurde überflutet. »Zum Glück ist kein Wasser im Haus, wir haben unser Restaurant gestern wieder geöffnet«, ist Besitzerin Raimonde Berries erleichtert. Ebenfalls »trocken« blieben die Räume der Kneipe »Irrlicht« an der Bünder Straße. Der Betrieb geht weiter«, informierte Betreiber Andreas Tusch.
Sturmtief »Kyrill« sorgte auch bei den Versicherungen für Dauereinsätze. »Die Leute wissen oft nicht was sie machen sollen« erzählte Ulrike Konzok von der Allianz. Im LVM Büro Haversiek am Blücherplatz liefen bereits um 6.15 Uhr die Telefone heiß. »Wir hatten inzwischen 70 oder 80 Einsätze, Großschäden blieben jedoch aus.
Auch die Gartenbaubetriebe waren im Einsatz. »Es geht zwar keine Gefahr von den umgeknickten Bäumen mehr aus, aber weg müssen sie ja trotzdem«, berichtete Karl Wilhelm Vogt. Auch im Büro der Gartengestaltung Eggert riefen die ersten Sturmgeschädigten bereits um sechs Uhr morgens an.
Großeinsatz gab für die Mitarbeiter des Spenger Bauhofes. Nachdem sie am Donnerstagabend bis 21 Uhr Gefahrenstellen beseitigt hatten, rückten mehr als ein Dutzend Mitarbeiter auch am Freitag früh aus. »Wir haben allein etwa 15 Restbäume umgesägt«, resümiert Joachim Thon vom Spenger Bauhof. Die Schadensfälle seien im gesamten Stadtbereich aufgetreten - »von Lenzinghausen über Mitte bis Nordspenge«. Die Mitarbeiter hätten sich nicht nur um Schäden in städtischen Bereichen gekümmert, sondern auch so manchen privaten Baum von der Straße geräumt. Thon geht davon aus, dass Folgearbeiten auch Anfang nächster Woche noch nötig sein werden. In seinen 30 Jahren beim Bauhof habe er noch nie einen Sturm diesen Ausmaßes erlebt, sagte er.
Alle Hände voll zu tun hatten auch die Dachdecker. Wer am Freitagmorgen einen Handwerker erreichen wollte, musste sich in Geduld üben. »Gleich zwei bis drei Leute übernehmen den Telefondienst, während der Chef mit den Mitarbeitern draußen ist«, erklärt Gerhard Rolf, Geschäftsführer der Dachdecker-Innung im Kreis Herford.
Für die nächsten Tage sieht Feuerwehrchef Norbert Ewering die größte Gefahr gebannt. Doch er mahnt zur Vorsicht: »Es hängen noch Äste lose in den Bäumen und können bereits durch den kleinsten Windstoß herunterfallen.«

Artikel vom 20.01.2007