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Liebe, Geld und Auftragskiller

Der Mord an Kaufmann Frank W. könnte Vorlage für einem Roman sein

Von Christian Althoff
Espelkamp (WB). Eine Ehefrau, zerrissen zwischen ihrer Familie und ihrem Geliebten, schwarze Kassen, konspirative Treffen und ein Killer-Kommando: Der Mord an dem Bielefelder Kaufmann Frank W. (41), der im Frühjahr vor dem Landgericht verhandelt wird, könnte Vorlage für einem Kriminalroman sein.

Axana P. (35) aus Espelkamp war seit 1996 Objektleiterin beim Reinigungsunternehmen Piepenbrock in Bielefeld, 2002 wurde Frank W. als neuer Leiter der Niederlassung ihr Chef. Frank W. gestand seiner Ehefrau Anfang 2005, seit Monaten eine Affäre mit Axana P. zu haben. Er verließ seine Frau und seine drei kleinen Kinder, und auch Axana P. trennte sich von ihrem Mann Wilhelm (44) sowie ihrer sechsjährigen Tochter. Das Paar zog in Bielefeld in eine gemeinsame Wohnung.
Ehemann Wilhelm P., der als Einrichter im Espelkamper Unternehmen Harting arbeitet, wollte die Trennung nicht einfach hinnehmen: »Ich habe mich mit dem Mann getroffen und gesagt: Du entreißt meiner Tochter die Mutter. Geh' zurück zu Deiner Familie! Doch er hat nur gelacht und geantwortet, irgendwann werde er sich sowieso absetzen, dann könne ich Axana zurückhaben.«
Im Sommer 2005 kühlte das Liebesverhältnis vorübergehend ab. Axana P. und Frank W. kehrten zu ihren Familien zurück - um nach drei Monaten erneut zusammenzuziehen, diesmal in Bad Oeynhausen. Ehemann Wilhelm P. informierte daraufhin Junior-Chef Arnulf Piepenbrock über das Intimverhältnis seines Bielefelder Niederlassungsleiters und angebliche Betrügereien des Liebespaares. »Es gab Menschen, die überhaupt nicht für Piepenbrock arbeiteten, aber in den Büchern auftauchten und Lohn überwiesen bekamen. Axana und ihr Chef sind einmal im Monat herumgefahren und haben von den Leuten das Geld in bar abgeholt«, sagt Wilhelm P. Mit dem Geld seien Überstunden von 400-Euro-Kräften bezahlt worden, meint P., aber Staatsanwalt Christoph Mackel nimmt an, dass Axana P. auch für sich selbst etwa 3000 Euro im Monat abgezweigt hat - insgesamt 114 000 Euro. Das Unternehmen Piepenbrock hatte damals eine Buchprüfung veranlasst, aber nach eigenen Angaben keine Auffälligkeiten entdeckt.
Im Sommer 2006 soll bei Axana P. der Entschluss gereift sein, zu Mann und Tochter zurückzukehren. Die Familienzusammenführung sollte im Juli mit einem einwöchigen Türkeiurlaub besiegelt werden. Als Frank W. erfuhr, dass Familie P. in der Türkei war, flog er eifersüchtig hinterher und brachte Axana P. dazu, in sein Hotelzimmer umzuziehen.
In jenen Wochen soll die Frau beschlossen haben, Frank W. umbringen zu lassen. Die Ermittler nehmen an, dass sie keine andere Möglichkeit sah, sich von dem Mann zu trennen, ohne gleichzeitig den Zugriff auf die monatlich 3000 Euro Schwarzgeld zu verlieren. Wilhelm P. nennt dieses Szenario absurd: »Axana ist zwar eine sehr starke Frau, und sie lässt sich auch von der U-Haft nicht brechen. Aber dass sie einen Killer beauftragt - das traut ihr aus unserer Familie niemand zu.«
Der Staatsanwalt wird im Prozess allerdings einen Kronzeugen aufbieten: Der Ukrainer Nikolai W. (37), den Axana P. vor Jahren kennengelernt hatte, hat ausgesagt, sie habe ihm 2006 bei einem konspirativen Treffen am Flughafen Paderborn erklärt, Frank W. müsse »weg«, er halte sie von ihrer Tochter fern. Nikolai W. engagierte daraufhin nach eigenen Angaben über einen Mittelsmann den Russen Dimitry S. (39) und den Deutschen Peter J. (29) als Killer, die 50 000 Euro bekommen sollten.
Die Männer aus Hessen ahnten nicht, dass sie wegen Verdachts des Menschenhandels unter polizeilicher Observation standen, als sie am Abend des 7. September 2006 gegen 20.25 Uhr Frank W. in seinem Büro aufsuchten - und den Kaufmann mit drei Schüssen töteten. Nur eine Stunde später erhielt Axana P. einen Anruf auf ihrem Handy: Der Mittelsmann, über den Nikolai W. die Killer beschafft hatte, wollte sich nach dem Ausgang der Tat erkundigen. Axana P. hatte damals sofort aufgelegt, weil eine Polizistin neben ihr stand.
Acht Tage nach dem Mord soll Axana P. dann am Flughafen Paderborn den Killerlohn übergeben haben, während sie von Polizisten observiert wurde. »Meine Mandantin bestreitet, dass es Lohn für die Killer war«, sagt Strafverteidiger Dr. Jürgen Thiel aus Minden. Frank W. sei erpresst worden und habe seine Geliebte gebeten, das Geld in Paderborn zu übergeben. »Worum es bei der Erpressung ging, wusste meine Mandantin nicht. Sie hat trotz des Todes ihres Geliebten gezahlt, weil sie fürchtete, die unbekannten Erpresser würden sonst sie oder ihre Tochter bedrohen.«
Staatsanwalt Mackel hält diese Aussage der Frau für eine Schutzbehauptung. Er will Axana P., die beiden Killer sowie einen Mittelsmann wegen gemeinschaftlichen Mordes lebenslang hinter Gitter bringen. Nur der einzig Geständige, Nikolai W., der wegen Beihilfe angeklagt ist, kann möglicherweise auf eine mildere Strafe hoffen.
»Es wäre schlimm, wenn unsere Tochter ohne Mutter aufwachsen müsste«, sagt Wilhelm P. Er nimmt das Mädchen regelmäßig mit, wenn er seine Frau in der JVA Bielefeld-Brackwede besucht. »Die Kleine nimmt es schweigend hin, dass ihre Mutter hinter Gittern sitzt, aber ich fürchte mich schon vor dem Tag, an dem meine Tochter anfängt, Fragen zu stellen«, sagt der Arbeiter.

Artikel vom 20.01.2007