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Von Manfred Schraven

Paderborner
Perspektiven

Bürgerängste ernst nehmen


Eins vorweg: Kurz nachdem das Westfälische Volksblatt im August 2006 exklusiv von Plänen für ein Industrieheizkraftwerk im Industriegebiet Mönkeloh berichtet hatte, begrüßten im Rahmen einer Landesfachtagung der kommunalen Unternehmen der Abfallwirtschaft in Paderborn sowohl der Verbandsvorsitzende Dr. Rüdiger Siechau als auch der Paderborner ASP-Betriebsleiter Reinhard Nolte eine Nutzung von Abfallstoffen zur Energiegewinnung - grundsätzlich auch in Mönkeloh. So anstößig kann diese Art der Gewinnung von Energie also wohl nicht sein. Hier aber macht die Art und Weise angst und bange!
Die KMG Kraftwerkgesellschaft Mönkeloh GmbH & Co.KG Bestwig beabsichtigt im Industriegebiet Mönkeloh die Errichtung und den Betrieb eines Industrieheizkraftwerkes mit einer Feuerungswärmeleistung von 60 MW (60 000 Kilowatt) für die Versorgung von zwei Industriebetrieben. Als Brennstoffe sollen bestimmte heizwertreiche Fraktionen aus der Sortierung und Aufbereitung von Hausmüll, hausmüllähnlichen Gewerbeabfällen, Gewerbeabfällen und Sperrmüll eigesetzt werden: Für ein Industriegebiet nicht gerade ein ungewöhnlicher Antrag. Und da bestätigte auch die Chefetage der KMG auf Anfrage dieser Zeitung ohne große Bedenken, dass das Entsorgungsunternehmen Stratmann und die Firma Stute gemeinsam dieses Heizkraftwerk im Süden der Stadt Paderborn bauen wollen. Nachdem ernstzunehmende Bedenkenträger in Paderborn, allen voran der Sprecher der Umweltverbände Fritz Buhr, mit der Warnung vor möglichen gesundheitlichen Gefahren sensibel gemacht hatten, änderte sich die Öffentlichkeitsarbeit sehr schnell: Heute haben nur die Anwälte das Sagen - so wie in der ersten diesbezüglichen Sitzung des Bauausschusses der Stadt, als es um die Vollständigkeitsprüfung der Antragsunterlagen ging. Da wurden Empfehlungen selbst des Staatlichen Amtes für Umwelt und Arbeitsschutz, die Vorbelastungsuntersuchungen für Luftschadstoffe angeregt haben, schlicht und einfach als nicht erforderlich »abgelegt«. Zum ersten Male war zu spüren: Hier wird nicht Vertrauen in der Bevölkerung gesucht, es werden Paragraphen geritten - gleichzeitig war's der Steigbügel für Misstrauen in der Bevölkerung.
Wenn die Umweltverbände erklären, dass die geplante schlechte Rauchgasreinigungstechnik beängstigend für die Paderborner Bevölkerung ist, so scheint es den Anlagebetreibern egal. Wenn Ängste um Gesundheit, Umwelt und Wohnqualität sich in Bürgerprotesten artikulieren, so ist das den Müllerverbrennern nicht mal ein Stirnrunzeln wert. Wenn Bürgerinitiativen zumindest eine Anlage nach neustem Stand der Technik wünschen, werden sie mit dem Hinweis auf eingehaltene rechtliche Rahmenbedingungen abgespeist. Das kann man sich nicht gefallen lassen. Hier sei eine Anleihe bei der Initiative »Gaspreise runter« erlaubt.
Bislang noch gilt das Entsorgungsunternehmen Stratmann im Paderborner Raum (Alte Schanze) als gut angesehen und stabiler Partner. Dieser Ruf steht auf dem Spiel. Glaubt man den jüngsten einstimmigen Bekundungen aus der Kommunalpolitik, dann will man die zur Genehmigung vorgelegten Belastungen der Bevölkerung durch die KMG nicht hinnehmen. Es wäre zu wünschen, wenn dem Rat auch die richtigen Mittel einfielen. Eigentlich ist die Stadt im Genehmigungsverfahren ja nur anhörungsberechtigt. Wohlmöglich kommt die Stunde der Bürger aber bei der Baugenehmigung: Dem Vernehmen nach muss zur Energieversorgung der Firma Stute vom Heizkraftwerk nämlich »fremdes Land« überbrückt werden. Und das gehört der Stadt und damit »uns«! Wie heißt es doch so schön: Man sieht sich immer zwei Mal im Leben! Bleibt zu hoffen, dass nicht wieder jeder mit den berechtigten Ängsten der Bürger sein eigenes parteipolitisches Süppchen kochen will!

Artikel vom 20.01.2007