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»Wir werden eine gute Rolle spielen«

Geburtstagskind Joachim Deckarm bei der Premieren-Partie gefeiert

Berlin (WB/o.k.) Es war nicht so bewegend wie 1996, als völlig unerwartet Muhammad Ali, schwer gezeichnet von der Parkinsonschen Krankheit, das Olympische Feuer entzündete. Man sah bei einem Kameraschwenk, wie sogar dem US-Präsidenten Bill Clinton die Tränen über die Wangen liefen.

Ähnliches war bei Bundespräsident Horst Köhler nicht zu beobachten. Aber als Joachim Deckarm, der am Freitag seinen 53. Geburtstag feierte, als Ehrengast in der Max-Schmeling-Halle begrüßt wurde und alle Zuschauer sich erhoben und ihn stürmisch feierten - das war Emotion pur.
Das gefiel dem einstigen Weltklassespieler, der nach einem Unfall am 30. März 1979 in Tatabanya 131 Tage im Koma lag. Was dem wohl vielseitigsten Handballer aller Zeiten aber gar nicht gefällt, ist Mitleid. Auch als schwerst Pflegebedürftiger handelt er nach dem Motto: »Ich kann. Ich will. Ich muss.«
Nicht besonders aufgefordert werden musste er, die Einladung des Deutschen Handball-Bundes zum Eröffnungsspiel gegen Brasilien anzunehmen. Er drückt seinem ehemaligen Spielkameraden Heiner Brand die Daumen, auch »wenn ich nicht weiß, wie stark die Gegner sind. Aber ich vermute, dass wir, wenn wir keine Verletzten haben, bei der WM eine gute Rolle spielen werden«.
Die Verbindung zwischen Deckarm und Brand und den Weltmeistern von 1978 riss auch nach dem Unfall nicht ab, sie blieben ein Team. So besucht »Jo« dreimal im Jahr Horst Spengler für je eine Woche in Hüttenberg, wo viel Schach gespielt wird.
Der beste Freund des ehemaligen Leichtathleten und Mathematikstudenten bleibt aber der aktuelle Bundestrainer. »Wenn ich Zeit habe, besuche ich Jo. Aber meine Aufenthalte in Saarbrücken sind eigentlich zu selten. Ich habe manchmal ein schlechtes Gewissen, obwohl er sich immer freut, wenn ich ihn anrufe. Dann sagt er: Oh, das ist aber schön, dass du dich meldest«, erklärt Brand, der auch im Verwaltungsrat des Deckarm-Fonds sitzt.
Brand spielte damals an jenem schicksalshaften Tag beim Gegenstoß den Pass auf Jo. Für ihn war das lange ein Problem: »Als Freund und Kollege habe ich ein halbes Jahr oder ein Jahr lang eher die Gefahren auf dem Spielfeld gesehen.« Und ein bisschen musste deshalb am Freitag auch Heiner Brand in Berlin schlucken...

Artikel vom 20.01.2007