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Ostwestfalen räumt auf

»Kyrill« hinterlässt Schäden in Milliardenhöhe - Nächste Woche soll es schneien

l Elf Tote allein
in Deutschland
l Bahn auch am
Freitag lahmgelegt
l Hunderttausende
ohne Strom
l 10 000 Helfer in
OWL im Einsatz

Von Wolfgang Schäffer
und unseren Lokalredaktionen
Bielefeld/Paderborn/Herford/Gütersloh/Berlin (WB). Nach dem Abzug des Orkantiefs »Kyrill« hat am Freitag das große Aufräumen begonnen. Der zuvor komplett eingestellte Bahnverkehr lief allerdings nur schleppend wieder an. Schienen mussten geräumt und Oberleitungen repariert werden. Die Behinderungen werden nach Angaben der Bahn vermutlich noch bis Montag andauern. Der Berliner Hauptbahnhof öffnete erst nach einer 14-stündigen Sperrung wieder, nachdem in der Sturmnacht ein tonnenschweres Stahlteil von der Fassade gestürzt war.
Tausende von Reisenden, die die Nacht in Bahnhöfen oder stehenden Zügen verbracht hatten, warteten auf Bahnsteigen oder ließen sich von Angehörigen abholen. Allerdings waren auch viele kleinere Straßen weiterhin nicht passierbar.
Nach ersten Schätzungen der Versicherer beläuft sich der Schaden allein in Deutschland auf eine Milliarde Euro. Angesichts zuletzt kürzerer Abstände zwischen heftigen Stürmen und den damit verbundenen Zahlungen für Schäden sei in der Versicherungsbranche mit höheren Beiträgen zu rechnen, sagte ein Sprecher der LVM Versicherung in Münster.
Während europaweit mindestens 43 Menschen aufgrund des Sturms ihr Leben verloren, elf davon in Deutschland, waren in Ostwestfalen-Lippe keine Todesopfer zu beklagen. Die Polizei registrierte aber 23 Verletzte. Besonders betroffen waren mehrere 100 Bewohner des Wohnparks Lippling in Delbrück (Kreis Paderborn). Hier stürzten Kiefern dutzendweise um und krachten auf die meisten der 120 Holzhäuser. Verletzt wurde wie durch ein Wunder niemand. Insgesamt waren in er Region fast 10 000 Kräfte von Polizei, Feuerwehr und Hilfsorganisationen im Dauer-Einsatz. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers bezeichnete den Einsatz der Helfer als »heldenhaft«. Die Spitzengeschwindigkeit des Orkans wurde am Freitagmorgen mit 225 Kilometern pro Stunde am Schweizer Aletschgletscher gemessen. Im Nachbarland Österreich wütete »Kyrill« heftig und richtete immensen Sachschaden an. Zehntausende Haushalte in Europa waren zudem am Freitag noch ohne Strom.
Uwe Kirsche vom Deutschen Wetterdienst verglich »Kyrill« mit dem Orkan »Jeannett« (2002), der ebenfalls flächendeckend über Deutschland hinweggerast war. Allerdings seien die Windstärken damals geringer gewesen. Stürme dieser Größenordnung träten eigentlich nur alle zehn bis 20 Jahre auf. Jetzt sei der Abstand etwas kürzer gewesen.
Bei den Temperaturen des Januars aber sei das anders. Die lägen sieben Grad über dem Mittelwert. Und auch wenn die Zeichen für die kommende Woche mit Kälteeinbruch und möglichen Schneefällen bis ins Flachland auf Winter stehen - die ersten Signale für den Monat Februar deuteten darauf hin, dass es auch dann zwei Grad wärmer sei als im Mittel.

Artikel vom 20.01.2007