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Chat-Opfer (13)
erneut befragt

Fotos auch in Deutschland im Umlauf

Von Christian Althoff
Gütersloh (WB). Die Kripo Gütersloh hat gestern erneut die 13-Jährige befragt, die vor etwa zwei Jahren auf Anweisung eines erwachsenen Internet-Chat-Partners Intimfotos von sich gemacht und an den Mann geschickt hatte. Der Täter hatte die Bilder im Internet verbreitet.

Polizisten hatten die Fotos im Dezember 2005 auf dem Computer eines Pädophilen in Coesfeld und im Mai 2006 auf dem PC einen Sextäters in Unna entdeckt, Ende vergangenen Jahres waren die Bilder außerdem in den USA aufgetaucht. Alle Versuch des Bundeskriminalamtes, das blonde Mädchen auf den Nacktfotos zu identifizieren, waren gescheitert. Weil befürchtet wurde, das Kind werde weiterhin missbraucht, hatte die Polizei das Portrait des Mädchens schließlich vor einer Woche in der ZDF-Sendung »Aktenzeichen XY ungelöst« gezeigt. So war das Kind aus dem Kreis Gütersloh identifiziert worden.
Die Kripo hat den Computer der Familie sichergestellt. Die Texte, die die Schülerin und der unbekannte Chat-Partner ausgetauscht hatten, sind zwar nicht gespeichert. Aber ein Kriminalbeamter ist gestern mit dem Mädchen die zahlreichen E-Mail- und Homepage-Adressen durchgegangen, die auf dem Rechner zu finden waren - in der Hoffnung, dass sich das Kind an etwas erinnert, das mit dem Pädophilen im Zusammenhang steht. Der Täter hatte etwa eine Woche lang mit der Elfjährigen im Internet geflirtet und das Kind dazu gebracht, sexuelle Handlungen an sich vorzunehmen und diese zu fotografieren.
Kriminalhauptkommissarin Ursula Rutschkowski, die Opferschutzbeauftragte der Polizei Gütersloh, sagte gestern, das Mädchen habe nicht selbstbestimmt gehandelt: »Es ist Opfer geworden, weil der Mann dem Kind suggeriert hat, es tue etwas Normales.« Die Beamtin wies darauf hin, dass auch Erwachsene besonders geschickten Tätern zum Opfer fielen: »Der Enkeltrick zeigt, dass selbst Menschen mit langer Lebenserfahrung am Telefon auf Straftäter hereinfallen. Einer Elfjährigen kann man also unmöglich einen Vorwurf machen.« Ursula Rutschkowski rät den Mitschülern der heute 13-Jährigen, ganz normal mit ihr umzugehen und das Thema nicht anzuschneiden.
Kriminalkommissarin Elke Teckentrup vom Kommissariat Vorbeugung erklärte, Kinder fühlten sich beim Chatten oft zu sicher: »Die sitzen wohlbehütet in ihrem Zimmer und registrieren nicht, dass die halbe Welt lesen kann, was sie gerade schreiben.« Es sei gefährlich, wenn Kinder sich unter ihrem Namen im Internet bewegten oder Angaben wie Adressen oder Telefonnummern verbreiteten. »Chat-Täter haben sich schon mit Kindern getroffen und diese dann vergewaltigt.«
Oberstaatsanwalt Reinhard Baumgart sagte gestern, eines der großen Probleme in Fällen wie dem des 13-Jährigen Mädchens sei, dass die Fotos wahrscheinlich für immer im weltweiten Netz kursieren werden. »Damit muss die Familie leider rechnen.«

Artikel vom 18.01.2007