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Exoten aus dem Norden

Grönland sammelt vor allem Sympathiepunkte

Wetzlar (dpa). Auf dem offiziellen Mannschaftsfoto posieren sie unter Palmen, und auch auf dem Parkett entfaltet sich das sonnige Gemüt der »eisigen« Exoten aus dem hohen Norden.

Mit ihrer unbekümmerten Spielweise haben Grönlands Feierabend-Handballer bei der Weltmeisterschaft die Herzen der Fans im Sturm erobert. In allen Partien werden die jungen Spieler des Außenseiters, die sich über jedes Tor wie über einen Siegtreffer freuen, frenetisch angefeuert. »Wir sind einfach nur stolz, unser 57 000 Einwohner zählendes Land hier präsentieren zu dürfen. Wir spielen jede Minute mit einem Lächeln. Egal, wie weit wir zurückliegen, jedes eigene Tor wird bejubelt«, erklärte Trainer Jakob Andreasen seine Philosophie.
In den Vorrundenspielen gegen Slowenien (21:35) und Tunesien (20:36) waren die »Eskimos« ohne Chance, boten jedoch ansprechenden Handball und heimsten viel Lob der gegnerischen Trainer ein. »Ein paar Jungs von ihnen könnten mit mehr Training sicher in einer guten europäischen Club-Mannschaft spielen«, urteilte Tunesiens Coach Sead Hasanefendic.
Allen voran der blutjunge Angutimmarik Kreutzmann, der gegen Slowenien zehn Tore warf. Dabei bestach der 18-jährige Schüler, dessen Vater in der Volleyball-Auswahl spielt, mit enormem Sprungvermögen und großem Wurfrepertoire. »Ich träume davon, einmal Profi zu werden. Jetzt will ich aber erst einmal meine Schule beenden«, sagte der Nachfahre von Inuits, der in Dänemark zur Schule geht und im Nachwuchsteam von Silkeborg spielt.
In Grönland hätte er dazu kaum Gelegenheit, denn eine Liga gibt es auf Grund der großen Entfernungen nicht. Der Nachbarort von Kreutzmanns Heimatstadt Manitsoq liegt 800 Kilometer entfernt - und viele Städte sind nur per Boot erreichbar. Daher wird der Meistertitel jedes Jahr im Frühling unter acht Mannschaften in Turnierform ausgespielt.
Neben Kreutzmann zählen acht weitere Akteure im Nationalteam noch keine 21 Jahre. Außer Jakob Larsen, der in Dänemark sein Geld verdient, sind alle Spieler Amateure. Hans-Peter Motzfeld, früher auch in der 2. Bundesliga beim TV Gelnhausen aktiv, arbeitet als Kindergärtner und spielt nebenbei Handball in Trelleborg.

Artikel vom 23.01.2007